Opferanwälte fordern Rückzug des Grünen Hans-Ulrich Sckerl aus dem NSU-Untersuchungsausschuss. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Grüne Ulrich Sckerl soll als Obmann seiner Partei im NSU-Untersuchungsausschuss zurücktreten – fordern Opferanwälte. Der ist stattdessen damit beschäftigt, seine Mauscheleien in der Gutachtenaffäre auszusitzen, meint Franz Feyder.

Stuttgart - Badenerinnen und Württemberger, Bürger und Fraktionskolleginnen, die Abgeordneten des Landtags und Journalisten – Hans-Ulrich Sckerl hat sie alle belogen. Dem Grünen-Spitzenmann war kaum eine Unwahrheit zu peinlich, um zu vertuschen, wie sehr er das Parlament an der Nase herumführte. Als er ein Gutachten zurückhalten ließ, das Juristen des Landtags für jene Enquete-Kommission anfertigten, die sich mit den Morden des rechtsterroristischen NSU beschäftigte. Als er versuchte, die Stellungnahme überarbeiten zu lassen, weil sie nicht nach seinem Wunsch ausgefallen war.

Dass die Lügen, Halbwahrheiten und Mauscheleien ihres Parlamentarischen Geschäftsführers in der Fraktion der Grünen nicht einmal diskutiert werden, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Abgeordneten. Sie konzentrieren sich lieber darauf, ein mögliches Leck in den eigenen Reihen zu finden. Und: Aus dem das Parlament wie die Öffentlichkeit anlügenden Täter versuchen die Parlamentarier das Opfer einer journalistischen Hetzjagd zu machen. Mehr noch: Die Grünen halten Sckerl für geeignet, sich in einem Untersuchungsausschuss mit den Bezügen der mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in den Südwesten zu beschäftigen. Er soll überprüfen, ob und welche Fehler Sicherheits- wie Ermittlungsbehörden bei der Fahndung nach den Mördern der Polizistin Michèle Kiesewetter gemacht haben. Ein Lügner wird zum Aufklärer – welche Verhöhnung der NSU- Opfer.

Deren Anwälte, die sich Woche für Woche im Münchener NSU-Verfahren mit lügenden Neonazis, V-Leuten und Agenten abgeben, wissen darum, wie sehr der lügende Grüne die Arbeit des Untersuchungsgremiums belasten wird. Vor allem deshalb, weil die Parlamentarier auch das verlorene Vertrauen der Menschen in einen glaubwürdigen Rechtsstaat wiederherstellen wollen, das besonders die deutschen Geheimdienste in Sachen NSU nachhaltig beschädigt haben.

Doch dieser Aufgabe ist Sckerl nicht gewachsen. Er ist stattdessen damit beschäftigt, seine Lügen und Mauscheleien in der Gutachtenaffäre auszusitzen. „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“, schrieb Bertolt Brecht 1928. Wie Recht hat der Dramatiker und Lyriker noch heute.

Wissen, was wichtig ist – abonnieren Sie hier den StN-Newsletter