Ein Minister liest in der Zeitung, wer in seinem Ministerium die Demokratie von den Füßen auf den Kopf stellen will. Das geschieht nicht in einer Bananenrepublik, sondern in Baden-Württemberg – kommentiert Franz Feyder.
Stuttgart - Da bittet ein Beamter des Innenministeriums, dass gegen die Abgeordneten und deren Mitarbeiter in einem Untersuchungsausschuss ermittelt wird – und sein eigener Minister erfährt von diesem brisanten Bittbrief erstmals 52 Tage später in der Zeitung. In unserer Zeitung. Das alles findet nicht in einer Bananenrepublik statt – sondern in Baden-Württemberg.
Wie auch die Folgen: Das Parlament – mit Ausnahme der FDP – stimmt den Ermittlungen zu. Die Abgeordneten des betroffenen NSU-Untersuchungsausschusses gehen zur Tagesordnung über, obwohl das Vertrauen in ihre Arbeit nachhaltig zerstört wird. Denn der Beamte macht das, was ureigene Aufgabe der Volksvertreter ist: Beim Verdacht auf ein Fehlverhalten in den eigenen Reihen den Fall zu prüfen und es gegebenenfalls zu ahnden. Als würde der Vorgang alleine nicht schon jedes Verständnis von Demokratie auf den Kopf stellen: Beteiligt ist ausgerechnet auch noch ein Beamter, der im Innenressort für den Verfassungsschutz zuständig ist.
So sieht es 142 Tage vor der Landtagswahl aus: Der Minister, dessen vornehmste Aufgabe der Schutz der Verfassung ist, weiß nichts von denen, die im eigenen Haus die Verfassung attackieren. Seine Beamten verschweigen ihm Vorgänge mit politischer Sprengkraft. Die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss beschließen, keine Zeit zu haben, um sich im eigenen Gremium angemessen mit dem Vorgang auseinanderzusetzen. Das alles findet nicht in einer fernen Bananenrepublik statt – sondern in Baden-Württemberg.