Der Rückzug von Nils Schmid ist unausweichlich – doch die Probleme der SPD sind damit noch lange nicht gelöst.
Stuttgart - Nils Schmid bleibt nichts Anderes übrig: Nach dem desaströsen Wahlergebnis seiner SPD muss er den Platz an der Spitze räumen. Er hat eingesehen, dass sein Rückhalt bei den Genossen nicht mehr ausreicht, um sie zu neuen Ufern zu führen. Selbst wenn er im Oktober noch einmal eine Mehrheit erhielte: Der Prozess der Erneuerung, den die Partei dringend benötigt, wäre dadurch belastet. Deshalb hat er sich nun dazu durchgerungen, nur noch zu moderieren. Er selbst nimmt sich aus dem Spiel. Der 42-Jährige hätte das schon kurz nach der Landtagswahl tun sollen. Durch sein Zögern erweckte er den Eindruck, als klebe er an seinem Posten.
Die Probleme der SPD sind mit seinem Rückzug aber noch lange nicht gelöst. Der Absturz auf 12,7 Prozent ist ja nicht allein Schmids Bilanz, sondern die der Partei insgesamt – auch die der Genossen in Berlin. Wer sich mit dem Schlachten eines Sündenbocks begnügt, verkennt die Dramatik der Krise. Die SPD ist abgestürzt, weil die Menschen nicht mehr wissen, wofür sie steht. Dieser Verlust an Profil vollzieht sich augenscheinlich umso schneller, je länger sie an einer Regierung beteiligt ist. Die Partei muss deshalb die Zeit auf der Oppositionsbank nutzen, um sich thematisch, strukturell und personell zu erneuern.
Ihr Hauptproblem wird sein, dass man sie öffentlich überhaupt wahrnimmt. Die SPD braucht jetzt eine „Rampensau“, die zuspitzt und mit klarer Sprache auch Emotionen zum Klingen bringt. Und es muss jemand sein, der seine ganze Zeit und Kraft der Partei widmet. Das spricht gegen eine Personalunion von Fraktions- und Landesvorsitz. Vor allem aber müssen die Genossen jetzt einsehen, dass es fünf vor zwölf ist: Noch ein solcher Absturz, und die SPD im Land ist eine Splitterpartei.