Die Grundschüler Lisa-Marie (Mitte), Benjamin (links) und Lea (rechts) lesen im Nachhilfeunterricht in einem Schulbuch. Foto: dpa-Zentralbild

Der boomende Nachhilfemarkt ist ein Armutszeugnis für Schulen, findet unsere Bildungsredakteurin Maria Wetzel.

Stuttgart - Wer mit Bildungspolitikern oder Eltern im Ausland spricht, bekommt immer wieder eine Frage zu hören: Wie kommt es, dass Väter und Mütter in Deutschland bereit sind, sehr viel Geld für private Nachhilfe auszugeben? Sie zahlten doch schon Steuern, um das Bildungssystem mitzufinanzieren. Eine berechtigte Frage!

Schätzungsweise 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro investieren Eltern in Deutschland jährlich, damit ihre Kinder das Klassenziel erreichen, ihre Abiturnote noch verbessern oder auch die gewünschte Schulart besuchen können. Und Nachhilfeeinrichtungen melden regelmäßig, wie erfolgreich sie Schülern geholfen haben, in Mathe, Englisch oder anderen Fächern wieder Anschluss zu finden. Das ist schön für ihre Schützlinge. Aber gleichzeitig stellt sich die Frage: Ist das, was die Nachhilfeeinrichtungen leisten, nicht eigentlich ein zentraler Auftrag der Schulen?

Bei vielen Schulen kam diese Frage in der Vergangenheit nicht gut an. Gern sprachen Lehrer davon, dass Kinder eben die falsche Schulart besuchten, wenn sie mit den Anforderungen nicht zurechtkamen. Um zu verhindern, dass ihr Kind die Klasse wiederholen oder gar die Schule verlassen musste, griffen Eltern eben in die eigene Tasche – sofern sie es sich leisten konnten. Inzwischen hat glücklicherweise an vielen Schulen ein Umdenken begonnen – Lehrer nehmen das Thema individuelle Förderung ernster als früher.

Zum einen, weil an den neuen Gemeinschaftsschulen die individuelle Förderung zu den Grundlagen gehört, zum anderen, weil die Landesregierung erkannt hat, dass sie den Schulen für diese Aufgabe zusätzliche Stunden zur Verfügung stellen muss. Das kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Alle Schulen müssen sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Schüler am besten voranbringen.