Der Unmut in der Lufthansa-Belegschaft über die Unbeirrbarkeit der Piloten wächst zusehends. Foto: dpa

Die Lufthansa-Belegschaft ist total zerstritten: Die Piloten streiken und demonstrieren, Hunderte Boden-Beschäftigte halten dagegen – wovon sich wieder Verdi und Ufo distanzieren. Die Kritik an der mangelnden Solidarität der Piloten ist berechtigt, meint Matthias Schiermeyer.

Frankfurt - Das halten wir zur Not noch fünf Jahre durch“, sagt der frühere Chef der Vereinigung Cockpit (VC) zu den Streiks der Piloten. Besser lässt sich deren Abgehobenheit kaum beschreiben. Da hat eine kleine Berufsgewerkschaft offensichtlich die Ressourcen – sei es in der Streikkasse, sei es auf dem Gehaltskonto – sowie den unverminderten Kampfgeist, um ohne inneren Druck dauerhaft gegen das Management aufzubegehren. Man stelle sich das nur mal für einen Moment vor: Die Lufthansa-Kunden würden noch fünf Jahre lang mit überraschenden Flugausfällen belasten – es wäre der Ruin der Airline.

Verdi und Ufo distanzieren sich von Protest

Nun hat der Betriebsrat des Frankfurter Bodenpersonals zur Anti-Streik-Kundgebung aufgerufen, und man fragt sich: Warum regt sich der Widerstand in der übrigen Belegschaft erst jetzt? Antwort: Weil sowohl Verdi als auch die Flugbegleiter-Organisation Ufo die offene Konfrontation mit Cockpit scheuen und den Unmut bisher zugedeckt haben. Lieber distanzieren sie sich mit scharfen Worten von der nicht-gewerkschaftlichen Betriebsratsaktion – eine einzigartige Situation. Dahinter steckt das Kalkül, dass beide Gewerkschaften Streiks aus dem Prinzip der Arbeitnehmer-Solidarität heraus nicht geißeln mögen, selbst wenn sie von der Konkurrenz ausgeführt werden. Dies könnte später mal als Argument gegen ihre eigenen Aktivitäten gerichtet werden. Zudem müssen Verdi und Ufo aufpassen, dass ein Erfolg der Pilotenstrategie nicht neue Begehrlichkeiten beim übrigen Personal weckt. Des Eindrucks, sich zu kompromissbereit zu zeigen, müssen sie sich ständig erwehren.

Die Gewinne werden in Streiks verbrannt

Der Boden-Betriebsrat hat einleuchtende Argumente: Die Piloten schmälern mit ihren Blockaden den Gewinn der Airline, was den zu verteilenden Gehaltskuchen für alle kleiner werden lässt. Darüber hinaus motivieren die Dauerstreiks das Management, die Verlagerung des Geschäfts hin zur Eurowings Europe zu beschleunigen. Damit bringen sie die Arbeitsplätze vieler weiterer Beschäftigten in Gefahr. Folglich dürfte die Kluft im Unternehmen immer größer werden, wenn Piloten und Management nicht bald glaubwürdig auf Kompromisskurs gehen. Die Zerrüttung der Gesamtbelegschaft ist von beiden Parteien gleichermaßen zu verantworten.