Wo Tarif-Profis Schritt für Schritt gegenseitiges Vertrauen aufbauen, sucht GDL-Chef Claus Weselsky zunehmend plan- und kopflos sein Heil in der Provokation Foto: dpa

Der Lokführerstreik ist ein Zeichen von Verhandlungsdilettantismus, meint unser Kommentator Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Eine überflüssige Eskalation: So ordnet Stuttgarts grüner Oberbürgermeister Fritz Kuhn den siebten Warnstreik der Lokführer seit dem vergangenen Juli ein. Die Mini-Gewerkschaft habe längst jedes Augenmaß verloren: So hört man immer öfter von Wirtschaft und Industrie, wo man streikbedingte Schäden von bis zu 100 Millionen Euro pro Tag befürchtet. Langsam reicht’s: Das ist die überwiegende Meinung von genervten Reisenden und Pendlern in den langen Schlangen vor den Info-Schaltern der Bahn.

Sieben Warnstreiks, die den Güterverkehr, S-Bahnen sowie Regional- und Fernzüge treffen: Das spricht für einen Verhandlungsdilettantismus, den man vor allem auf Seiten der GDL findet. Nach 16 Tarifverhandlungsrunden fehlen in zentralen Fragen offensichtlich noch immer tragfähige Ergebnisse. Über Löhne und Gehälter ist mit Ausnahme von Abschlagszahlungen noch gar nicht geredet worden. Einen für kommenden Montag vereinbarten Verhandlungstermin mit der Bahn hat die Gewerkschaft abgesagt. Und für die kommende Woche wird bereits ein weiterer Streik angedroht. Wo Tarif-Profis Schritt für Schritt gegenseitiges Vertrauen aufbauen, sucht GDL-Chef Claus Weselsky zunehmend plan- und kopflos sein Heil in der Provokation.

Nur gut, dass wenigstens die Millionen Betroffenen kühlen Kopf bewahren, auch wenn ihre Geduld allmählich zu Ende geht, das anfängliche Verständnis für die Lokführer spürbar schwindet. Weil sie merken, dass es der GDL immer mehr um Funktionärsegoismen geht als um ein gerechtes und angemessenes Tarifwerk.