Die Beiträge der Krankenkassen steigen 2016 wieder Foto: dpa

Die fetten Jahre in der Krankenversicherung sind vorbei. 2016 steigen die Beiträge wieder. Auch deshalb, weil teure Reformen viel Geld kosten, schreibt Willi Reiners.

Stuttgart - Gesundheit ist ein Gut, dessen Preis stetig steigt. Man kann das sehr schön an einzelnen Krankheitsbildern zeigen. So hat allein die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für brandneue Medikamente gegen Hepatitis C im vergangenen Jahr 600 Millionen Euro ausgegeben. Das Geld scheint ziemlich gut angelegt, denn die Wirkstoffe lassen erstmals Zehntausende Patienten auf Heilung hoffen. Damit könnte das Gesundheitssystem auch wieder enorme Summen einsparen, weil durch die Genesung Therapiekosten entfielen. Eine erfreuliche Nachricht durch und durch.

Von der Ausgabendynamik haben die Krankenversicherten in den vergangenen Jahren kaum etwas gespürt – der Kassenbeitrag blieb stabil. Das hatte zwei Ursachen: Zum einen stiegen die Ausgaben über alle Blöcke vergleichsweise moderat; zum anderen sprudelten die Einnahmen der GKV auf konstant hohem Niveau. Das wiederum lag an einem eigentlich zu hohen Beitragssatz, den die Bundesregierung den Krankenkassen verordnete. Und zudem am deutschen Jobwunder, das inmitten der Eurokrise eine Rekordzahl an sozialversicherungspflichtigen Jobs brachte. Im Ergebnis wurden die Krankenkassen quasi mit Beitragsmitteln geflutet. Sie sitzen immer noch auf gut 23 Milliarden Euro, wobei ein Teil davon im Gesundheitsfonds liegt und so ihrem Zugriff entzogen ist.

Inzwischen spricht aber viel dafür, dass die fetten Jahre vorbei sind. 2016 dürften die Beiträge um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte steigen. Rein rechnerisch jedenfalls empfehlen das die Experten, die just über die Finanzlage der GKV beraten haben. Wie viele Kassen ihnen folgen, wird sich zeigen. Sie dürfen nämlich inzwischen wieder selbst entscheiden, wie teuer sie sich machen.

Die Bundesregierung schreibt lediglich noch einen allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttoentgelts vor. Der reicht aber nur wenigen Regionalkassen im Osten, um Einnahmen und Ausgaben in der Balance zu halten. Alle anderen müssen einen Zusatzbeitrag von derzeit im Schnitt 0,9 Prozent draufschlagen. 14,6 plus 0,9 plus 0,2 würden am Ende 15,7 Prozent ergeben. Einige Kassen werden drunter liegen, andere drüber. Rechnen könnte sich für Kassenmitglieder also wieder lohnen.

Kraftlose Klinikreform kostet viel Geld

Auch die weiteren Aussichten sind unerfreulich für alle, die sich mehr netto vom brutto wünschen, nicht weniger. Die jüngsten Gesundheitsreformen, allen voran die saft- und kraftlose Klinikreform, verschlingen viel Geld. Schon 2017, im Bundestagswahljahr, wird das deutlich zu spüren sein. Dann könnte der Zusatzbeitrag laut Schätzungen auf 1,3 bis 1,4 Prozent steigen und in den Folgejahren noch weiter.

Aufs Neue wird dann ein großes allgemeines Wehklagen über das teure Gut Gesundheit anheben, aber mit ziemlicher Sicherheit auch eine Debatte über den bei 7,3 Prozent eingefrorenen Arbeitgeberanteil. 7,3 Prozent plus x – noch sind das eben jene 0,9 Prozent – tragen die Arbeitnehmer inzwischen allein. Die SPD trommelt jetzt schon für eine Rückkehr zur hälftigen Finanzierung, im Fachjargon Parität genannt. Mit schwindendem Abstand zur Wahl dürfte das Trommeln lauter werden.

Und was dann? Stellt sich wieder einmal die Erkenntnis ein, dass fette Jahre nicht genutzt wurden, um das Solidarsystem Krankenversicherung wetterfest zu machen? Was ist, wenn die Jobmaschine plötzlich stottert? Was, wenn die ersten ernsten Folgen der demographischen Entwicklung zu spüren sein werden? Auf all diese Fragen gibt es bisher keine Antworten. In den vergangenen Jahren wäre Zeit dazu gewesen, welche zu finden.