Winfried Kretschmann und Thomas Strobl stellen im Mai den grün-schwarzen Koaltionsvertrag vor. Nun scheint es darüber hinaus noch Absprachen gegeben zu haben. Foto: dpa

Die Regierungskoalition erregt mit den Nebenabsprachen den Verdacht, anders zu handeln als zu reden, kommentiert Politikredakteur Arnold Rieger.

Stuttgart - Das Eingeständnis von Grünen und CDU, dass sie einen milliardenschweren Einkaufszettel unter Verschluss halten, hat für sie einen teuren Nebeneffekt: Es zehrt am wichtigsten Kapital der Politik – Vertrauen. Dieser Währung hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann seinen Wahlsieg zu verdanken, denn er empfahl sich dem Bürger als geradliniger Makler, der genauso handelt, wie er redet. Doch dieses Bild erhält nun Kratzer. Die Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag lassen den Verdacht aufkommen, dass Grün-Schwarz die Formel vom „Haushaltsvorbehalt“ nur erfunden hat, um absolute Sparsamkeit und Finanzdisziplin vorzugaukeln; dass die Partner aber in Wirklichkeit die Spendierhosen anhaben.

Widerspruch wirft Fragen auf

Dabei ist gar nichts auszusetzen an der Sanierung von Straßen, dem Bau von Wohnungen oder der Ertüchtigung der Polizei. All diese Vorhaben sind ja Gegenstand des Koalitionsvertrags – allerdings unter dem Vorzeichen der Unverbindlichkeit. „Haushaltsvorbehalt“ bedeutet nämlich so viel wie: wünschenswert, sofern Geld übrig ist. Doch nach Tische liest man’s anders: Die Nebenabreden verleihen der Wunschliste plötzlich eine hohe Verbindlichkeit.

Dieser Widerspruch wirft Fragen auf: Ist es also gar nicht so schlecht bestellt um den Haushalt? Warum beschwört man dann unablässig die Finanzlöcher? Oder war das alles gar nicht so gemeint? Grüne und Schwarze dürfen sich jedenfalls nicht wundern, wenn sich Beamte noch heftiger als bisher gegen Sparmaßnahmen bei der Besoldung auflehnen; und wenn niemand mehr glaubt, dass Grün-Schwarz eine Politik der Klarheit und Wahrheit macht.