Gregor Gysi hat sich einen behutsamen Abschied verordnet. Foto: dpa

Gysi geht selbstbestimmt, ohne Beschädigung. Das ist wichtig. Nur so behält er innerparteilich genug Autorität, die er braucht, um den Kurs der Partei in einer wichtigen Frage noch mit beeinflussen zu können.

Berlin - Gregor Gysi braucht kein Amt, um öffentlich zu wirken. Seiner Partei allerdings, der Linken, wird es wesentlich schwerer fallen, ohne den Großrhetoriker ihre Positionen zu vermitteln. Und weil er das weiß, hat sich der 67-Jährige einen behutsamen Abschied verordnet. Er geht nicht so ganz, zieht sich aber in der Fraktion auf eine Position zurück, die weniger belastend sein wird als der Fraktionsvorsitz.

Die Umstände seines eigenen Abgangs zu bestimmen, ist für jeden Politiker eine hohe Kunst. Viele scheitern daran, viele halten zu lange fest, merken nicht, dass die Zeit über sie hinweg gegangen ist. Gysi geht selbstbestimmt, ohne Beschädigung. Das ist wichtig. Nur so behält er innerparteilich genug Autorität, die er braucht, um den Kurs der Partei in einer wichtigen Frage noch mit beeinflussen zu können. Denn das will er – all seinen Beteuerungen zum Trotz. Auch seine Abschiedsrede beweist das. Seltsamerweise leistet sich die Linke gerade jetzt die immergrüne Grundsatzdebatte über Fundamentalopposition oder Eintritt in Regierungsbündnisse, da sie erstmals einen – durchaus erfolgreich gestarteten – Ministerpräsidenten stellt. Das will Gysi auch auf Bundesebene: die Bereitschaft seiner Partei, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Das allerdings ist eine Gespensterdebatte. Was der Bielefelder Parteitag deutlich gemacht hat. Eine Partei, die über ein bedingungsloses Grundeinkommen von über 1000 Euro für Jedermann debattiert, die G-7-Gipfelteilnehmer als Kriegstreiber beschimpft und die Eigentumsfrage neu stellt, die ist nicht regierungsfähig. Was zeigt: Gysi ist viel weiter als seine Partei.