Ablenkung mit Tischfußball im Flüchtlingsheim Foto: factum/Bach

Das Bundesministerium für Familie plant ein Gesetz für eine neue Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Die Jugendlichen sollen künftig gerechter auf die Kommunen verteilt werden. Das birgt auch Gefahren, kommentiert Leon Scherfig.

Stuttgart - Der Gesetzesentwurf des Bundesfamilienministeriums will jugendliche Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kommen, nach einem klaren Schlüssel auf kleinere Kommunen verteilen und damit Städte wie Stuttgart entlasten.

Ein Schnellschuss. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit leiden diejenigen, für die das Gesetz gemacht ist: die Kinder und Jugendlichen selbst. Während den kleinen Kommunen die Erfahrung fehlt, lernten Großstädte in den vergangen Monaten. Städte wie Stuttgart haben ihren Hilfsapparat hochgefahren: Seelsorger, Dolmetscher, ein Vormundschaftssystem, Sprachkurse – es geht bei der Unterbringung um weitaus mehr als darum, den Jugendlichen ein Bett und eine Mahlzeit zu bieten .

Das Auffangnetz in der Landeshauptstadt ist eng geknüpft. In kaum einer Gemeinde kümmert sich beinahe je ein Sozialarbeiter um einen minderjährigen Flüchtling, die Jugendlichen werden 24 Stunden am Tag betreut. Das Gesetz krankt indes daran, dass es minderjährige und volljährige Flüchtlinge gewissermaßen gleichsetzt. Beide Gruppen werden im Kern als Verteilmasse gesehen. Doch es geht hier nicht um reine Zahlen, sondern um besonders schutzbedürftige Kinder.

Dort, wo in kleineren Kommunen künftig unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterkommen, müssen daher nun mehr Sozialarbeiter und Betreuer eingestellt werden. Sonst folgt nach der Flucht für die Jugendlichen die nächste Zerreißprobe.