Neue Aufnahmestelle: Asylbewerber in Sigmaringen Foto: dpa

Ministerpräsident Kretschmann sieht in Sachen Armutsflüchtlinge aus dem Kosovo eine krisenhafte Situation. Dabei waren es seine Partei und seine Regierung, die die Anreize immer mehr erhöht hat.

Stuttgart - Den anhaltenden Zustrom von Armutsflüchtlingen bewertet Ministerpräsident Winfried Kretschmann inzwischen als krisenhafte Situation. Das hoch verschuldete Baden-Württemberg ist mit der Unterbringung und Finanzierung der Flüchtlinge überfordert. Zudem hat der Grünen-Politiker offenbar Angst, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt. Erste Anzeichen dafür scheint er zu haben.

Die Überraschung, die aus seinen Worten spricht, wirft die Frage auf: Wie naiv darf ein verantwortlicher Politiker sein? Kretschmann, seine Partei und seine Regierung waren in der Vergangenheit maßgeblich daran beteiligt, die Anreize für Armutsflüchtlinge immer weiter zu erhöhen: Es gab besseren Zugang zu Sozialleistungen, Sachleistungen wurden durch Bargeld ersetzt, es gab mehr Wohnraum – und immer öfter auch das Signal, alle Flüchtlinge könnten bleiben, weil man sie als Arbeitskräfte brauche.

Einwanderer und Asylbewerber – alles war irgendwie eins, und alles war irgendwie gut. Noch am Donnerstag machte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) den vielen neuen Armutsflüchtlingen aus dem Kosovo Hoffnung auf einen Job als Kranken- und Altenpfleger. Weil die Menschen, so ihre Begründung, „nun einmal da sind“, solle doch der Bundesgesetzgeber diesbezüglich aktiv werden.

Das ist keine Politik, das ist Anarchie. Gesetze gelten nur vielleicht. Wer es ins Land schafft, für den werden sie zurechtgebogen. Man kann es keinem Flüchtling verdenken, wenn er angesichts dessen sein Glück versucht. Konsequenz und Härte, ohne die eine faire und gerechte Flüchtlingspolitik nicht möglich ist, sind ersetzt worden durch Gefühlsduselei und Willkür.

Noch im Herbst hatte Kretschmann erklärt: „Das Boot ist nie voll.“ Wenn er sich nun die Lage im Land anschaut, müsste er sich auf die Zunge beißen.