Harald Wohlfahrt aus Baiersbronn zählt zu den Popstars der Küchenzunft Foto: dpa

Auch in der Sterne-Gastronomie ist nicht alles Gold, was glänzt. Wirtschaftlich tanzen viele Köche auf dem Hochseil.

Stuttgart - Die Welt von Trüffel, Seezunge und Gänseleber ist nicht jedermanns Sache. Manche können sich den Besuch im Edelrestaurant nicht leisten, andere machen sich nicht viel aus Küchenartistik, sondern bevorzugen deftigere Kost. Trotzdem ist die allherbstliche Preisvergabe der Restaurantführer ein gesellschaftliches Ereignis. Denn auf dem Feld der gehobenen Esskultur hat sich längst eine Art sportlicher Wettbewerb etabliert, in dem eine breite Öffentlichkeit die Hochs und Tiefs der Vorturner bestaunt. Großmeister à la Harald Wohlfahrt sind Popstars.

Der ungebrochene Boom der Spitzengastronomie zeigt vor allem eines: Die Deutschen haben Geld, und sie sind auch bereit es auszugeben. Scharen von Gastro-Touristen aus dem Ausland kurbeln das Geschäft weiter an, denn nirgendwo ist Edelküche so preiswert wie hierzulande. Das aber offenbart auch die Kehrseite des Märchens vom gastronomischen Sterntaler: Für die meisten Spitzenköche ist das Geschäft ein wirtschaftlicher Hochseilakt – es sei denn, sie haben einen Hotelier oder einen Mäzen im Rücken. Nicht von ungefähr steigen manche Könner der Zunft freiwillig wieder ab.

Mit dem Zustand der gastronomischen Qualität in der Breite hat die Sterne-Huberei ohnehin wenig zu tun. Natürlich ist die Zahl der guten Köche beachtlich gewachsen, denn der Beruf ist chic geworden. Doch welcher Nachwuchskünstler kocht auf Dauer in einem Landgasthof? Auch 290 Sterne-Restaurants können den Eindruck nicht verwischen, dass Deutschlands Küchenlandschaft noch immer weitgehend Brachland ist. Systemgastronomie und vorgegarte Lebensmittel sind auf dem Vormarsch. Da mag Baden-Württemberg mit seiner langen, von Frankreich geprägten Tradition auch ein gutes Stück aus der Masse heraus ragen.