Bei der Organspende ist ein Wechsel zur Widerspruchslösung fällig, sagt Markus Grabitz.
Berlin - Die Organspende zwischen den Eheleuten Steinmeier hat eine überfällige Debatte angestoßen. Es gibt eine große Diskrepanz zwischen denjenigen, die im Prinzip Organe spenden würden (laut Umfragen ist dazu jeder zweite bereit), und jenen, die tatsächlich einen Spenderausweis bei sich haben (jeder elfte).
Um die Zahl der Spender zu erhöhen, wird seit langem gefordert, die Rechtspraxis auf eine Widerspruchslösung umzustellen. Das würde heißen: Jeder Hirntote, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hat, kommt für eine Organspende infrage. Bislang ist die Zustimmung des Betroffenen zu Lebzeiten oder die der Angehörigen nach dem Ableben erforderlich.
Das Thema Organspende bedarf einer großen Sensibilität. Und es muss fraglos akzeptiert werden, wenn jemand nicht spenden will. Gleichwohl sind aber die Argumente für die Widerspruchslösung gewichtiger. Bei einer Umstellung auf die Widerspruchslösung wäre nämlich das Selbstbestimmungsrecht, das jedem zusteht, nicht tangiert. Jeder, der aus welchen Gründen auch immer eine Spende nicht möchte, könnte dies verbindlich zu Lebenszeiten festlegen.
Und der Wille derjenigen, die zum Spenden bereit sind, aber nun einmal keine Gelegenheit hatten, sich einen Ausweis zu besorgen, würde auch mit der Widerspruchslösung umgesetzt.
Es bleibt die dritte Gruppe. Das sind die Menschen, die sich mit dem Thema Sterben und der Frage einer Transplantation nicht beschäftigen möchten. Diese Haltung ist emotional zwar verständlich. Allerdings sollte auch dies bedacht werden: Deutschland hat ein hoch leistungsfähiges medizinisches System. Jeder, der hier lebt, muss im Prinzip damit rechnen, dass er selbst einmal in die Lage kommt, auf eine Transplantation angewiesen zu sein. Da ist es nicht zu viel verlangt, dass jeder in guten Tagen für sich die Frage beantwortet, ob er selbst spenden will oder nicht.