Die Rakete Proton-M startet vom Weltraumflughafen Baikonur in Kasachstan aus zur Exomars-Mission. Foto: AP

Eine bemannte Mission zum Nachbarplanet, so man sie will, sollte alle vereinen, kommentiert unsere Redakteurin Anja Tröster.

Stuttgart - Wenn am Mittwoch unter großen Trommelwirbeln die europäisch-russische Mission Exomars auf dem Nachbarplaneten landet, dann werden sich nicht wenige fragen: Wozu brauchen wir eigentlich noch einen weiteren ferngesteuerten Roboter auf dem Mars? Oder anders gefragt: Brauchen wir überhaupt welche?

Vergleicht man eine solche klassische unbemannte Mission mit den hochfliegenden Plänen des US-Unternehmers Elon Musk, wirkt sie ziemlich altmodisch. Der Milliardär hatte kürzlich auf einem Raumfahrerkongress in Mexiko angekündigt, dass er in spätestens zehn Jahren einen Shuttleservice etablieren will, der in der Lage ist, hundert Passagiere auf einmal zum Mars zu bringen. Der angekündigte Preis von mehreren hunderttausend Dollar wäre erstaunlich erschwinglich.

Der US-Präsident Barack Obama schob nun seinen interplanetaren Traum nach. Das hat wohl weniger damit zu tun, dass er Musk Contra geben will. Es gehört sich nun mal so, dass ein amerikanischer Präsident zum Abschied die ultimative „last frontier“ in Angriff nimmt – so will es das Ritual. Also plädiert Obama dafür, dass Amerikaner auf dem Mars landen sollen, genau wie es vor ihm George Bush schon tat, und zwar möglichst schon in den Dreißiger Jahren.

Obamas Abschiedsvision ist angreifbar

Zum Mars, das weiß man auch diesseits des Atlantiks, geht es nur mit vereinten Kräften. Exomars ist eine Art Bewerbungsschreiben für eine solche Kooperation.

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, hat gemerkt, dass die Herren sich der offenen Fragen bei ihren Visionen sehr wohl bewusst sind. Elon Musks Arbeitspferd Falcon 9 hat gerade herbe Fehlschläge hinter sich, und beim Bau der großen Rakete, die für Reisen zum Mars notwendig wäre, hinkt sein Unternehmen Space X deutlich hinter dem Zeitplan her. Kein Wunder, dass Musk deshalb vor Fachpublikum auch davon sprach, dass es ohne eine Partnerschaft mit der Nasa nicht gehen werde.

Und auch Barack Obama weiß , wie angreifbar seine Abschiedsvision ist. „Warte – ist das nicht der gleiche Präsident, der vor sechs Jahren das Mars-Programm eingestampft hat?“ lautete eine sarkastische Reaktion auf Twitter. Diese Kritik bringt es auf den Punkt: Woran es der Raumfahrtagentur Nasa mangelt, ist nicht das technische Knowhow. Es mangelt ihr vor allem an politischer Unterstützung und einer langfristigen Finanzierung.

Mars-Mission verlangt enormen Einsatz

Man kann in der Tat darüber streiten, ob man Astronauten auf den Mars schicken muss. Aber es gibt gute Argumente dafür: In den vergangenen Jahren hat sich unser Blick auf das All enorm verändert. Forscher haben viel Neues über extreme Lebensformen auf der Erde herausgefunden und daraus gelernt, wie außerirdisches Leben aussehen und wo es in unserem Sonnensystem zu finden sein könnte. Die Frage scheint längst nicht mehr zu sein, ob wir Leben finden werden, sondern wann und in welcher Form. Wir sollten nicht das Risiko eingehen, dass robotische Missionen dann am Ende Hinweise auf Leben verpassen, nur weil sie nicht dafür programmiert sind.

Klar ist aber auch, dass eine bemannte Mars-Mission einen enormen Einsatz über eine lange Zeit verlangen wird. Dafür müsste der US-Kongress die finanzielle Ausstattung der Raumfahrtbehörde Nasa vervielfachen. Deren Budget beträgt aktuell 0,5 Prozent des Gesamthaushalts – während des Apollo-Projekts waren es 4,4 Prozent. Interplanetare Missionen werden auf Dauer aber nicht nur die Mittel der Nasa, sondern auch die eines Elon Musk übersteigen.

Die Raumfahrtnationen sollten es nicht ihm überlassen, als erster auf dem Mars zu landen. Stattdessen sollten sie sich auf ihre Erfahrungen beim Betrieb der internationalen Raumstation besinnen, und unter einer Flagge vereint zum Nachbarplaneten aufbrechen. Ein solches überirdisches Teamwork kann in politischen Krisen wie Balsam sein, das hat die Vergangenheit gezeigt. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, diese Diskussion anzustoßen – schließlich wird es die Raumstation nicht ewig geben.