War es das nun zwischen Grünen und CDU in Berlin? Foto: dpa

Die Grünen gehen wieder auf Konfrontationskurs zur CDU, stellt Claudia Lepping fest.

Berlin - War es das nun zwischen Grünen und CDU? Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast ist in der Berliner Landespolitik daran gescheitert, eine Allianz mit der CDU zu schmieden und die Regierung anzuführen. Es war ein schwarz-grünes Modellprojekt am falschen Ort, zur falschen Zeit.

Und es war ein Modellprojekt, welches aus der Not heraus entstand - aus jener Not, dass der bis dahin müde und lustlos agierende SPD-Regierungschef Wowereit zu neuem politischen Leben erwachte und die Aussicht auf einen Grünen-Wahlsieg mit einem erstaunlich munteren Wahlkampf zunichte machte. Nun ziehen die Grünen als Juniorpartner in sein Rotes Rathaus. Hat Künast also Schwarz-Grün vor die Wand gefahren - und damit auch der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel den letztmöglichen alternativen Koalitionspartner neben der FDP genommen?

Künast hat sich verzockt

In den grünen Kiez-Biotopen der Hauptstadt war der Aufstand gegen die eigene Kandidatin groß, als sie mit einer CDU anbandelte, gegen die noch in den siebziger/achtziger Jahren die alten Kämpfer der urgrünen alternativen Liste auf die Barrikaden gestiegen waren. Noch dazu wollte Künast in Berlin zeigen, dass Rote und Grüne in Wahrheit genauso erbitterte Konkurrenten sein müssten wie ehedem Schwarze und Grüne. Sie hat sich verzockt.

Der natürliche Partner an der Spree war, ist und bleibt die SPD; nicht nur, weil's sich reimt. Die Grünen sind auch deshalb wieder mit Haut und Haaren auf SPD gepolt, weil sie die Grenzen ihres eigenen Bürgerlichwerdens erkennen. Und dieses Potenzial ist nun einmal nicht unendlich für eine Partei, deren Entstehungsgeschichte als Anti-Parteienpartei und Graswurzelbewegung sich tief ins Selbstverständnis gegraben hat.

Nur noch bürgerliche Parteien

Mit dem Bürgerlichwerden der Grünen gibt es faktisch nur noch bürgerliche Parteien in Deutschland - das liegt vor allem daran, dass sich Deutschland sehr grundsätzlich so wohltuend entkrampft hat und Bürgerlichsein heute nicht mehr spießig ist, sondern so vielseitig wie das Leben selbst. Grün-bürgerlich oder links-bürgerlich zu sein ist heute in Städten und Regionen mit großer Einwohnerdichte genauso selbstverständlich wie der konservativ- oder liberal-bürgerliche Entwurf andernorts.

Entsprechend gibt es rechte und linke bürgerliche Parteien - oder die thematische Vermischung: Am längsten bestand ein schwarz-grünes Bündnis von 1994 bis 1999 in Mülheim an der Ruhr. Im Osten arbeitet die CDU auf kommunaler Ebene seit Jahren sogar mit der Linkspartei zusammen.

Nach dem gescheiterten grün-schwarzen Experiment von Berlin gehen die Grünen mit einem gerüttelt Maß an Trotz und freilich aus Machtkalkül wieder auf Konfrontation zur CDU: Soll Merkel doch versauern mit der sich selbst strangulierenden FDP - bis auf die Große Koalition hat die Kanzlerin keine Machtoption mehr.

Immer neue Gesellschaftsschichten

Doch letztlich hat Merkel alles richtig gemacht im Umgang mit den Grünen: Sie hat sie früh zum wichtigsten politischen Gegner erklärt und nie an den Erfolg geglaubt, wenn einzelne Unionspolitiker Anknüpfungspunkte zu den Grünen suchten. Das war taktisch klug und vorausschauend. Merkel weiß genau, dass ökologische Fragen immer neue Gesellschaftsschichten erreichen und bedient dieses gesellschaftliche Anliegen maßgeschneidert mit dem durch die Nuklearkatastrophe von Fukushima erzwungenen Atomausstieg.

Merkel weiß aber auch genau, dass sie bei der nun anstehenden Ausarbeitung eines neuen energiepolitischen Konzepts den kürzeren ziehen wird gegenüber dem, was die Grünen von ihr verlangen werden - und verlangen müssen. Die inhaltliche Rivalität ist so groß - und ein so willkommenes Thema für den nächsten Bundestagswahlkampf 2013 - dass sich anschließend unmöglich koalieren lässt.