Der Geiger Daniel Hope Foto: dpa

Der Geiger Daniel Hope geht gegen ein Shred-Video vor. Das ist sehr schade, denn das Klischee von der Humorlosigkeit der klassischen Musik gehört dringend ausgehebelt, findet unsere Autorin Susanne Benda.

Berlin - Dass die sogenannte ernste Musik keinen Spaß versteht, ist ein Vorwurf, der nur von wenigen Werken (Rossini, Mozart, Haydn) widerlegt wird. Im Zeitalter des Internets haben außerdem etliche Musiker auf dem Umweg über Youtube Lachsalven ausgelöst. Shred heißen die kleinen Filmchen, die schon etwa aus Barack Obama einen Schwaben machten – und die im Bereich der KlassikPinchas Zukermanmit total vergeigten „Vier Jahreszeiten“ präsentieren, Lang Lang mit einer völlig geschmacklos gespielten Schumann-„Träumerei“ oder Glenn Gould mit komplett verwirrten „Goldberg-Variationen“. Die Reibung von Bild und neu erstellter Tonspur ist oftmals lustig, manchmal auch überspitzende, bissige Satire.

Jetzt hat Arno Lücker, ein Musikkritiker und Moderator, ein Video mit dem Geiger Daniel Hope und dem Pianisten Ludovico Einaudi zum Shred gemacht, indem er musikalische Erläuterungen des Geigers mit einem neuen Text unterlegte. Darin geht es (auch) um Fäkales und um die Länge männlicher Geschlechtsteile. Daniel Hope ist gegen das Video sofort anwaltlich vorgegangen – woraufhin der Intendant des Berliner Konzerthauses prompt verkündete, seinen Moderator in der kommenden Saison nicht mehr beschäftigen zu wollen. Die im Hope-Shred verwendeten Ausdrücke seien derart „beleidigend und respektlos“, dass sie nicht vereinbar seien mit den Aufgaben eines Moderators, „der zugleich Gastgeber am Konzerthaus ist“. Mittlerweile ist das Video nicht mehr im Netz, und Lücker und Hope haben sich die Hand gereicht. Der Intendant indes bleibt bei seiner Aussage, die ein Rausschmiss ist.

Im Netz kursieren Vermutungen, hinter den Angriffen auf Lücker stecke womöglich auch die Deutsche Grammophon, die um das einträgliche Schwiegersohn-Image ihres Geigers fürchtet. Der Komponist Moritz Eggert, über dessen Blog das Video verbreitet wurde, erinnert in einem offenen Brief daran, dass große Persönlichkeiten mit Parodie und Satire nie ein Problem hatten. Und dass das Klischee von der Humorlosigkeit der klassischen Musik dringend ausgehebelt werden muss. Recht hat er. Findet allerdings nicht sein Verleger: Ab sofort muss Eggert alle Beiträge zu seinem Blog, der ein redaktioneller Teil der „Neuen Musikzeitung“ ist, dem Chefredakteur zur Autorisierung vorlegen.