Der Dachstuhl ist ausgebrannt – Feuerwehrmänner vor der geplanten Unterkunft für Asylbewerber in Tröglitz Foto: dpa

Die erschreckenden Vorgänge in Tröglitz in Sachsen-Anhalt zeigen: Rechtsextremisten fordern das Gemeinwesen heraus. Glücklicherweise leben wir in einem Land, in dem es Zivilcourage gibt, meint unser Landesnachrichtenchef Jan Sellner.

Stuttgart - Wo leben wir eigentlich? Diese Frage drängt sich angesichts der verstörenden Ereignisse von Tröglitz in Sachsen-Anhalt auf. Wo leben wir bitte schön, wenn sich ein Bürgermeister aus Rücksicht auf seine Familie genötigt sieht, seinen Posten aufzugeben, weil Rechtsextreme vor seinem Haus aufmarschieren, um die Unterbringung von 40 Asylbewerbern in dem 2800 Einwohner zählenden Ort zu verhindern? Wenige Wochen nach diesem geistigen Brandstiftertum ging am Osterwochenende die bezugsfertige Asylbewerber-Unterkunft in Tröglitz in Flammen auf. Mutmaßlich ein Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit. Wo leben wir eigentlich?

Der Fall Tröglitz, wie auch vorangegangene Brandanschläge auf Asylbewerberheime, zeigen in beklemmender Weise, dass der Rechtsextremismus eine brandgefährliche Erscheinung bleibt. Steigende Flüchtlingszahlen dienen rechten Hetzern dazu, ihre Parolen zu verbreiten, die wie Brandbeschleuniger wirken. Dem muss die Politik stärker begegnen – mit Entschlossenheit einerseits und mit Aufklärung und Dialogangeboten rund um das Thema Flüchtlinge andererseits. Auf diese Weise wird Rechtsextremisten der Nährboden entzogen. In Baden-Württemberg gelingt dies vergleichsweise gut.

In Tröglitz offenbar weniger. Doch selbst wenn es Defizite in der Kommunikation gegeben haben sollte, rechtfertigt dies die Vorgänge in keiner Weise. Was sich dort zugetragen hat, ist eine Schande. Respekt verdient der zuständige Landrat Götz Ulrich. Der CDU-Politiker lässt sich weder durch Aufmärsche noch durch Drohungen einschüchtern. Auch viele Einwohner von Tröglitz stehen gegen die Rechtsextremisten auf. Sie verhindern, dass ihr Ort nur traurige Berühmtheit erlangt. Glücklicherweise leben wir in einem Land, in dem es Zivilcourage gibt.