Schwarzes Sakko, schwarzer Zopf – so präsentiert Bülent Ceylan „Bülents große Überraschungsshow“. Foto: RTL/Willi Weber

Auf die Frage, ob er Flüchtling oder Türke sei, antwortet Comedian Bülent Ceylan grundsätzlich: „Ich bin Mannheimer, du Depp.“ Im Interview spricht er über Comedy in Krisenzeiten, deutsch-türkische Vorurteile und seine neue Show.

Deutsche, Türken, Machos und Weicheier: Bei Bülent Ceylan bekommen alle ihr Fett weg. In seiner neuen Sendung überrascht er gemeinsam mit prominenten Gästen ahnungslose Glückspilze.
Herr Ceylan, Sie sind als Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters aufgewachsen. Wie feiern Sie Weihnachten?
Ich feiere ganz christlich mit Weihnachtsbaum und Geschenken darunter, mit Adventskranz und allem, was sonst noch dazugehört. Meine Mutter ist katholisch, und mein Papa war zwar Moslem, er hat aber trotzdem immer mitgefeiert. Sein Motto: Wenn die Mama das will, dann machen wir das so.
Jetzt spielen Sie in Ihrer neuen Sendung „Bülents große Überraschungsshow“ für andere den Weihnachtsmann . . .
Stimmt, ich überrasche gemeinsam mit prominenten Helfern Menschen, die ganz toll sind und die es verdient haben. Xavier Naidoo zum Beispiel sammelt als Straßenmusiker Geld für einen Obdachlosen, der anderen Obdachlosen hilft. Guido Maria Kretschmer und ich überraschen ein kleines Mädchen, das Krebs hatte und im Krankenhaus immer seine Sendung „Shopping Queen“ geguckt hat. Sie wollte unbedingt auch mal mitmachen – diesen Wunsch erfüllen wir ihr.
Das klingt mehr nach einer tränenreichen Familienshow mit Kai Pflaume als nach Comedy . . .
Ich sehe mich da eher in der Tradition von Rudi Carrell, nur eben gemixt mit Bülent Ceylan, denn es sind neben emotionalen auch sehr witzige Überraschungen dabei. So eine Show zu machen war ein ganz großer Traum von mir. Denn wer mich kennt, weiß, dass ich ein sehr emotionaler und sensibler Mensch bin. Ich wollte schon immer eine Sendung machen, in der ich die Leute zum Lachen bringe, die aber auch ans Herz geht.
Mit Ihrer Multikulti-Comedy nehmen Sie seit vielen Jahren Vorurteile aufs Korn und kämpfen für mehr Integration. Hat sich in dieser Hinsicht in Deutschland etwas zum Besseren geändert?
Eigentlich schon. Aber ich habe das Gefühl, dass es gerade eine Stimmung gibt, die in eine andere Richtung geht. Ich werde jetzt öfter mal gefragt: „Hey, bist du Türke oder Flüchtling?“ Meine Antwort darauf: „Ich bin Mannheimer, du Depp.“ Und leider gibt es diese Idioten von Terroristen, die alles wieder kaputtmachen wollen, was wir in Sachen Miteinander schon erreicht haben.
Macht die Angst vor islamistischem Terror die Arbeit für Sie als Comedian schwieriger?
Man muss schon ein bisschen sensibel sein. Ich habe einen Betreuer, der heißt Ali und ist aus dem Libanon. Früher konnte ich Witze machen wie: „Der Ali, der macht immer Bombenstimmung.“ Das war immer ein Riesenlacher. Jetzt fragen sich die Leute, ob man so einen Witz machen darf oder nicht. Aber dann denke ich mir: Gerade jetzt erst recht. Wir dürfen uns das Lachen nicht nehmen lassen. Das ist es doch, was der Terrorist will – dass wir uns keine Entertainmentshow mehr angucken, wir sollen nur noch Angst haben und zu Hause bleiben. Und ich als Künstler sage dazu Nein.
Kommen in Ihre Liveshows auch viele Menschen mit Migrationshintergrund?
Es ist überwiegend ein deutsches Publikum. Ich würde mir manchmal mehr Multikulti wünschen. Aber wenn ich in Ostdeutschland auftrete, kann ich nicht verlangen, dass so und so viele Türken kommen. Bei einem Auftritt in Neubrandenburg habe ich das Publikum gefragt, ob ein Türke anwesend ist. Da hat sich ein Einziger gemeldet – und der hieß auch noch Franz.
Sie suchen den Kontakt zum Publikum . . .
Ja, bei einem Auftritt in Dresden habe ich die Zuschauer mal gefragt, ob welche von der Pegida im Publikum sitzen, und es haben sich tatsächlich ein paar gemeldet. Da dachte ich mir, ich versuche, die davon zu überzeugen, dass es auch coole Türken gibt. Wenn ich nur einen erreicht habe, der hinterher anders denkt als vorher, dann habe ich schon viel erreicht. Ich will, dass die Leute merken: Multikulti muss nicht immer negativ sein, sondern es hat auch viel Positives.
Was denken Türken eigentlich über die Deutschen?
Ist doch klar: „Angela Merkel ist gut – wir schaffen das.“ (Lacht.) Aber Spaß beiseite. Es gibt typische Klischees, die vielleicht alle Ausländer den Deutschen attestieren. Pünktlichkeit, Korrektheit – so Sachen eben. Ich selber habe mal einen Witz gemacht, dass der Deutsche auch um 3.30 Uhr morgens in einem ausgestorbenen Kaff bei Rot an der Fußgängerampel stehen bleibt, auch wenn keine Sau mehr Auto fährt.
Wie verhalten Sie selber sich denn nachts an der Fußgängerampel? Gehen oder stehen?
Gute Frage. Ich denke, ich würde auch stehenbleiben. Vielleicht kommt da meine deutsche Seite raus. Vielleicht hätte ich aber auch einfach Angst, erwischt zu werden, weil ich denke, die deutsche Polizei kontrolliert auch um 4 Uhr morgens. Der Deutsche ist eben sehr korrekt und hält sich an die Regeln. Das ist ja auch richtig so. Aber vielleicht sind die Deutschen manchmal zu korrekt.
Aber sie können mittlerweile immerhin über sich und ihre Eigenarten lachen. Können Türken das genauso gut?
Türken können auch gut über sich selber lachen. Nur wenn es um die Religion geht, sind Muslime insgesamt etwas empfindlicher. Ich will da jetzt aber nicht falsch verstanden werden, die meisten muslimischen Menschen sind friedlich. Das wird heutzutage leider gerne vergessen, da so viel von islamistischen Terroristen die Rede ist. Das sind Menschen, die den Glauben in einer schändlichen Weise benutzen. Da tun mir die vielen hier lebenden Muslime leid. Sie sind oft die Leidtragenden, und das ist sehr schade.
Verzichten Sie deshalb auf Religionsscherze?
Ja, Religion ist ein Thema, das ich ausklammere. Menschen halten sich schließlich an ihrem Glauben fest. Er gibt ihnen Hoffnung, und darüber will ich mich nicht lustig machen. Ich glaube auch an Gott, auch wenn ich keiner Religion angehöre. Es ist im Grunde egal, ob man Moslem oder Christ ist, auf die Taten kommt es an. Egal welcher Konfession man angehört: Hauptsache, man ist Mensch. Das ist meine Message.

„Bülents große Überraschungsshow“, RTL, 18. Dezember, 20.15 Uhr