Frl. Wommy Wonder als Foto: SWR

Eine Putzfrau in der Kittelschürz ist zum Fernsehstar der schwäbischen Fasnet geworden. StN-Kolumnist Uwe Bogen ist erleichtert: In unseren Breiten bleiben die tollen Tagen sauber!

Stuttgart - Sagt sie: „Dein Hosenstall ist offen.“ Antwortet er: „Ich weiß, ich hab’ Bereitschaft.“ Wenn Hosentüren in johlenden Festhallen offen besprochen werden, sind wir mittendrin in den tollen Tagen.

Davor drückt sich selbst eine Narrenlegende wie der Donzdorfer Ignaz Dipfele alias Roland Hölldampf nicht, der seit über 50 Jahren auf den närrischen Bühnen des Südwestens zu Hause ist. In seinem Alter, ließ er bei der „Schwäbischen Fasnet“ wissen, die das SWR-Fernsehen live aus der Narrenhochburg Donzdorf gesendet hat, zählten offene Hosenställe aber nicht zu den vorrangigen Problemen – wo doch dahinter nur Tote ruhten. Aber trotzdem müsse man aufpassen. Es werde halt immer mehr geklaut. Tätätätä.

Können Sie, liebe Leserinnen und Leser, über solche Späße lachen? Rheinländer meinen, das Land der Schwaben sei eine Diaspora des Frohsinns. Falls unsere Freunde aus Köln recht haben – wobei wir Rheinländern prinzipiell niemals recht geben –, weiß keiner, ob unser mangelndes Schunkeltalent gar auf die Obernarren auf den Bühnen zurückzuführen ist, weil die nicht lustig genug sind, oder ob uns selbst die größte Witzkanone nur schwer in Stimmung bringen kann, weil wir von Natur aus Spaßbremsen sind.

Marktanteil im SWR-Fernsehen: 10,8 Prozent

Wie gut die schwäbische Fasnet ist? Außenstehende können sich bei der jährlichen TV-Übertragung ein Bild davon machen. Daheim auf dem Sofa ist das so, wie wenn du an einem Volksfestabend nur Mineralwasser trinkst, während alle um dich herum Bierkrüge leeren und über Dinge lachen, die du nicht verstehst.

Aber immer mehr schauen sich die schwäbische Narren-Vollversammlung im Fernsehen an. Gut, im Quotenvergleich mit den Franken gehen unsere Landsleute noch immer unter. Mit einem Marktanteil von 47,2 Prozent in Bayern hat die TV-Prunksitzung „Fastnacht in Franken“ erneut eine herausragende Zuschauerresonanz erzielt. Die „Schwäbische Fasnet“ ist am Sonntag aber auf einen Marktanteil von 10,8 Prozent gekommen, was der SWR als großen Erfolg wertet. Acht Prozent waren die Zielvorgabe.

Zuerst die gute Nachricht: Witze über Flüchtlinge sind in der schwäbischen Fasnet verpönt. Man weiß, was sich gehört, auch wenn man mal wieder unter die Gürtellinie rutscht. Und jetzt die nicht so gute: Wahlkämpfer lachen umso übertriebener, je näher die Kamera ihnen auf die kostümierte Pelle rückt. CDU-Herausforderer Guido Wolf kam als Edelmann des Mittelalters, SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid als Cowboy. Von all den prominenten Herren hat Frl. Wommy Wonder nichts mitbekommen, das als Putzfrau Elfriede Schäufele („Ein Hoch auf die Kehrwoch“) seinen Einstand bei der Fasnet-Livesendung gab. Geblendet von den Scheinwerfern sah Wommy „nichts“, sie musste „für die Kamera“ spielen, „an den Leuten vorbei in die Linse schauen“.

„Geniale Atmosphäre“ hinter den Kulissen

So spontan wie sonst durfte die Schäufele nicht sein, sondern musste jeden Schritt so tun, wie sie ihn beim Durchlauf am Nachmittag einstudiert hat. Hinter den Kulissen, berichtet die Travestiekünstlerin, habe eine „geniale Atmosphäre“ geherrscht. Begeistert war sie „von der Kameradschaft der Künstler untereinander“. Die Halle sehe im Fernsehen viel größer aus, als sie in Wahrheit ist.

Wommy war eine der wenigen Profis unter vielen Bühnenamateuren. Im Netz wird sie groß gefeiert. Nachdem die Bronweiler Weiber fehlten, haben die heimischen Fasnetfreunde einen neuen Star.

Die Schäufele, die in Rock und Kittelschürze kam, hat einen Vorteil: Gedanken über die Offenheit ihres Hosenstalls muss sie sich nicht machen. Sie hat koinen.

Weil eine Putzfrau in den tollen Tagen umjubelt wird, können wir beruhigt sein: Die schwäbische Fasnet bleibt sauber!