DJ Uwe Sontheimer sorgt für ein volles Haus im Nesenbach. Foto: Andreas Engelhard

Wenn der Weihnachtsmarkt schließt, wird bei After-Glühwein-Partys weiter gefeiert. Für ein volles Haus sorgt etwa DJ Uwe Sontheimer im Nesenbach im Dorotheen-Quartier. Wirt Marco Grenz will sich aus dem Gerber zurückziehen und hat in Flensburg Insolvenz angemeldet. Ein Rundgang im Advent.

Stuttgart - Sind im Glühwein außer Zimt und Zucker auch Glücksstoffe drin? In der aufgeheizten Stimmung ist das Gelächter groß. Am späten Abend ist der Weihnachtsmarkt ein Dorf, in dem man trotz drangvoller Enge auch ohne Verabredung auf bekannte Gesichter stößt. Rasch hat sich das mulmige Gefühl aufgelöst, das einem beim Anblick schwer bewaffneter Polizisten ergreift, die an allen Zugängen stehen.

Im Geschiebe zwischen den festlich glänzenden Buden fallen zwei Asiaten mit Mundschutz auf. Sind’s chinesische Touristen, von denen immer mehr nach Stuttgart kommen? Wollen sich die beiden nun in der deutschen Feinstaub-Metropole schützen?

Star aus „Bares für Rares“ zu Gast

Chinese welcome! Im Auktionshaus Eppli am Markt sind etliche Schilder mit chinesischer und russischer Schrift versehen. An diesem Donnerstagabend ist der rote Teppich für treue Kunden zum Adventsempfang ausgerollt. Ein TV-Star spricht! So bekannt ist Heide Rezepa-Zabel als Gutachterin im ZDF-Hit „Bares für Rares“, dass sie auf der Straße von Fremden angesprochen wird, die Ketten zur Einschätzung entgegenstrecken. Bei Eppli lässt sie sich über drei Schmuckstücke aus – mit Liebe, als wär’ eine Brosche auch nur ein Mensch.

Chinesische Kunden, sagt ein Eppli-Verkäufer, bevorzugten Schmuck mit roten Steinen. Rot stehe in China für Glück, was die stets rot gekleidete, stets rothaarige Wirtin Laura Halding-Hoppenheit gern hört. Sie liebt Secondhandschmuck. „Wenn man den trägt, spürt man die Energie der Vorbesitzerin“, sagt sie. Laura trägt eine Brosche der Ex-Kaiserin Soraya, die ihr ein Freund von einer Auktion in Paris mitgebracht hat.

John Wettern, der Ex-Chef des Brenner, will nun die Königsbau Suite verjüngen

Der Donnerstag ist Ausgehtag. Einige Wirte des Weihnachtsmarktes würden daher ihren Glühweinköcher gern bis 22 Uhr heißhalten, wie nur freitags und samstags erlaubt. Die meisten Schausteller aber lehnen längere Öffnungszeiten ab. Spätabends sind nur die Partystände überfüllt. Socken oder Kerzen will dann keiner mehr kaufen. Wenn donnerstags um 21 Uhr die Rollläden der Buden runtergehen, wollen viele Besucher noch nicht den Heimweg antreten.

Gleich zwei Advents-DJ legen deshalb unweit des vorweihnachtlichen Treibens zur After-Glühwein-Party auf. Den schönsten Blick aufs illuminierte Schloss hat man in der Königsbau-Suite, in der nun John Wettern, der Ex-Chef des Bistros Brenner, als Serviceleiter dafür sorgen will, das frühere Oma-Kaffee mit jungen Menschen zu füllen. Nachdem er sich von seinem Lokal im Bohnenviertel Ende September verabschiedet hatte, gönnte er sich erst mal einen langen Urlaub. Braungebrannt geht er mit frischem Schwung an die neue Aufgabe. Zu den DJs, die bei ihm für die feierfreudige, aber selten zum Tanzen kommende Generation 40plus auflegen, zählt Wim Gutmann vom Deck 17.

Marco Grenz zieht sich aus dem Gerberviertel zurück

Bis letztes Jahr hat DJ Uwe Sontheimer – seine Fans sagen „Legende“ zu ihm – im Königsbau aufgelegt. Mit Marco Grenz, der dort Teilhaber war, ist er mit seinem Mischpult ins Nesenbach gezogen. Grenz will sich auf den Laden im Dorothee-Quartier sowie auf den Cannstatter Kursaal konzentrieren.

Die Gastronomie ist ein hartes Pflaster, das den Wirt straucheln ließ. Sein Gastro-Auswärtsspiel in Flensburg ist beendet. Die dortige Heimathafen GmbH, an der er beteiligt war, musste Insolvenz anmelden. Sein Lokal La Méd im Gerberviertel hat er auf Ende des Jahres verkauft, bleibt aber bis März – dem Center zuliebe, so Grenz. Künftig will er „weniger machen“ und das Nesenbach weiter voran bringen. Sonntags und montags sei wenig los im neuen Viertel.

Aber donnerstags brummt’s! Eine Frauenclique nach der anderen schneit am Tanzabend herein. Im Wortsinn haben die Gäste vorgeglüht – mit heißen Bechern auf dem nun geschlossenen Weihnachtsmarkt.

„Früher – das ist lange her“

DJ Uwe ist der Hahn im Korb, genießt es, die Ladys mit Disco, Funk und Soul zu beglücken. Sagt man ihm, seine Musik sei so super, weil sie früher in der Boa oder Oz lief, entgegnet Sontheimer nur: „Früher – das ist lange her.“ Jetzt ist jetzt! Jetzt muss man das Leben genießen. Donnerstags tun es viele besonders gern. Nach Stunden auf dem Weihnachtsmarkt und dem Adventstanz wird die Nacht nicht endlos lang.

Um 1 Uhr packt Sontheimer zusammen. Seine Gäste und er sind keine zwanzig mehr. Der nächste Donnerstag kommt bestimmt.