Seit Ende 2016 ein Besuchermagnet in Mainz: die Fußgängerampel mit den Mainzelmännchen. Foto: dpa

Beim Streit um eine Ampel für Äffle und Pferdle geht es längst nicht nur um die Regelung des Verkehrs. Es geht um schwäbischen Stolz, Identität und ein bissle auch um Rebellion. Unser Kolumnist fragt: Müssen nach dem Berliner Nein zu Sonderlichtzeichen auch Mainzelmännchen weichen?

Stuttgart - Schofseggl – für einen Schwaben ist dies ein Mensch, der nemme ganz bacha ist, also nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Bei den Politikern in Berlin, dies wird zuweilen im Land der unbeugsamen Schwaben vermutet, gibt’s viele Schofseggl. In den Fankreisen von Äffle & Pferdle hat sich der Schofseggl-Verdacht verstärkt, seit ausgerechnet ein im Kreis Ludwigsburg beheimateter Staatssekretär im Namen der Bundesregierung die Sonderwünsche zu regionalem Ampeleigensinn mit erhobenem Paragrafen-Zeigefinger abgeschmettert hat.

Warum, fragen sich Fans der Schwabenstars, will man für Stuttgart eine kleine, nette Idee – anders als in anderen Städten – blockieren? Glaubt man in Berlin, die Schwaben seien zu blöd, um zu sehen, was oben Rot und was unten Grün leuchtet, wann sie also steh’n und geh’n dürfen?

Staatssekretär erklärt: „Ich bin ein Fan von Äffle & Pferdle“

Der CDU-Politiker Steffen Bilger, der die Absage an die Zeichentrickhelden öffentlich verkündet hat, teilte nun unserer Zeitung mit, er sei ein großer Fan von Äffle und Pferdle. Deshalb sei es ihm nicht leicht gefallen, sich zu ihren Ungunsten zu erklären. Doch leider habe er sich nicht über die Fachleute auf Landes- und Bundesebene hinwegsetzen können, die ohne Gegenstimme zu dem Urteil kamen, eine Fußgängerampel dürfe nicht aus der Reihe tanzen. Aus Gründen der Unfallverhütung sei die Vielfalt bei Ampeln untersagt.

In Mainz aber dürfen Mainzelmännchen an Übergängen Rot und Grün leuchten. Die Ampel dort hat sich zu einer Touristenattraktion entwickelt. Zu Unfällen kam es bisher nicht. In Augsburg gibt’s einen Kasperle für Fußgänger – jedoch nur als grünes Licht. Beim roten Licht ist das klassische Ampelmännchen geblieben – aus Angst der Stadt, sie müsse im Falle eines Unfalls für den Schaden aufkommen. Das hessische Friedberg bei Frankfurt leistet sich seit wenigen Wochen eine Elvis-Ampel. Hier war der King of Rock’n’Roll 1958 als GI stationiert.

Gleichheit im Unrecht gibt es nicht

Wie es die Mainzer geschafft haben, ihre Lieblinge auf eine Ampel zu bringen? Marc André Glöckner vom Presseamt der Stadt Mainz hat’s uns verraten. Mit Hilfe des Landes sei dies möglich geworden, sagt er: „Rheinland-Pfalz hat hierfür entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen. Die Genehmigung der Mainzelmännchen wurde im Einführungserlass zur Richtlinie für Lichtsignalanlagen (Rilsa) aufgenommen.“ Die Symbole müssten eine erkennbare stehende und gehende Figur darstellen. Ganz wichtig freilich ist laut Glöckner: „Die Haftung wurde den Kommunen übertragen.“

Nach der jungsten Erklärung von Staatssekretär Bilger im Namen der GroKo spielen Juristen durch, was passieren könnte. Die Meinung des Äffle-Fanclubs, es dürfe keine Ungleichbehandlung in Deutschland geben, sei leider nicht ganz korrekt, ist zu hören. Denn Gleichheit im Unrecht gebe es nicht, wie Jurastudenten im ersten Semester lernten. Einzelpersonen allerdings könnten vor einem Verwaltungsgericht gegen die Städte Mainz, Augsburg und Friedberg klagen, weil sich diese nicht an die Straßenverkehrsordnung hielten – mit dem Ziel, dass die Sonderampeln dort abgebaut werden. „Nein, das wollen wir nicht“, versichert Heiko Volz, der Autor von Äffle & Pferdle.

Über Schofseggl in Berlin kann man wunderbar schimpfen

Beim Kampf um die Ampel geht es sowieso um viel mehr als nur um den Verkehr. Das gemeinsame Ringen für ein Sonderexemplar wie in Mainz fördert schwäbische Identität. Schwäbisches Rebellentum wird wach gerüttelt. Gemeinsam widersetzt man sich dem Klischee, dass die Menschen in Stuttgart bieder und korrekt seien, dass sie nicht nur bei der Kehrwoche den Keller putzen, sondern auch zum Lachen dorthin gehen.

Das Gefühl, dass Verbote und zu viel Reglementierung die Freiheit der Menschen einschränken, äußert sich in Dieseltown ausgerechnet bei der Ampelfrage, die wesentlich unbedeutender ist, als es Fahrverbote wegen der Schadstoffbelastung sind.

Beim Äffle geh’n, beim Pferdle steh’n. Ihre Fans werden nicht stehenbleiben, um sich weiter für die Schwabenampel einzusetzen – für ihre Idee gehen sie weiter voran. Schon allein, weil Schwabensolidarität noch stärker macht und man über Schofseggl in Berlin wunderbar schimpfen kann.