„Flanking“ nennt es sich, wenn man die Knöchel zeigt. Foto: dpa

Hochwasserhosen und barfuß in Sneakers – immer öfter sieht man’s in Stuttgart. Unser Kolumnist Uwe Bogen lästert über den Knöchel-Exhibitionismus, der viele nervt. Der Angeberspruch dazu lautet: „Der Knöchel ist das neue Dekolleté!“

Stuttgart - Hochwasserhosen gehn nicht unter. Einst waren sie wenig cool. Sie sahen aus wie zu kurz geraten, als sei der Träger aus ihren rausgewachsen. Doch längst müssen Hosenbeine eine wichtige Aufgabe erfüllen: Sie müssen nackte Haut zwischen Hosensaum und Schuhen freilegen.

Unten ein bisschen ohne – das ist es, was als sexy gilt. Frauen haben ihre Sieben-Achtel-Hosen schon länger. Und Männer ziehen mit – also blank an tiefergelegter Körperpartie.

Als sei der Knöchel die erogenste Zone der Kerle. Wer konnte so was ahnen?

„Flanking“ heißt das neue Modewort

Ob beim gesellschaftlichen Warm-up für das Weissenhof-Tennisturnier um den Mercedes-Cup oder bei der Eröffnungsfeier des Meat-Clubs zweier Fußballprofis, ob bei der Sansibar-Goldparty oder dem Sommerfestival des SWR auf dem Schlossplatz – überall wird geflankt. So nennt man das wohl. Dank Google sind wir alle Modexperten: Das neue Modewort Flanking ist zusammengesetzt aus dem englischen „flashing“, was aufblitzen bedeutet, und „ankle“, dem Knöchel.

Der Knöchel kommt ans Tageslicht und blitzt auf. Schon länger gibt es diese Modeerscheinung. Doch nie zuvor ist sie so geballt aufgetreten wie jetzt. Trendbewusste Menschen zeigen einen etwa fünf Zentimeter breiten Streifen Haut zwischen der Hose und den Sneakers, die damit viel besser zur Geltung kommen. Und diese Trendbewussten stellen nicht mehr ihr Essen ins Netz, sondern sie posten unter dem Hashtag #flanking, wie’s bei ihnen knöchelmäßig aussieht. Lieber also was vorzeigen, als knöcheltief im Dreck stecken. Unter der Gürtellinie befand sich schon immer Elementares. Und jetzt geht’s vom Gürtel noch weiter tief nach unten. Weil an dieser bisher vernachlässigte Körperstelle Verführung besonders subtil gelingt? Lustgewinn ist individuell verschieden, hat Facetten mannigfaltig.

Trends gehen schneller, als dass sie kommen

Mut zur Lücke überm Fuß. Dieser Knöchel-Exhibitionismus nervt immer mehr. Praktisch fürs alltägliche Leben ist er in jedem Fall. Man muss morgens keine Zeit mehr verschwenden, zwei passende Socken zu finden. Man lässt sie einfach weg.

Manche tragen heimlich Füßlinge, die aber nicht aus den Sneakers schauen dürfen. Letztendlich ist dieser Trend eine Liebeserklärung an spezielle Schuhe. Zum Sport soll er auch noch getragen werden – gelegentlich. Der Sneaker (von to sneak, englisch für schleichen) ist vom schlichten Zweck- und Sportschuh zum teuren Statussymbol nicht geschlichen, sondern laut nach oben gesprungen.

Zeigt her eure Knöchel! Das Positive an dieser Erscheinung ist, dass bei allen, ob bei dicken oder dünnen Menschen, die Fußfessel ähnlich ist. Spätestens im nächsten Jahr wird das Dekolleté erneut verrutschen. Trends gehen meist schneller, als dass sie kommen. „ Oh, was hast du für schöne Knöchel!“ Dieser Spruch hält nur einen Sommer.