Aale-Dieter kann nicht nur Sprüche verzapfen, er kann auch Zapfhahn. Foto: Decksmann

Der Sommer von 2018 hat’s in sich. Für diese Kolumne sind wir mittendrin und berichten aus der Stadt der Festivals und Feste. Heute: Die Marktschreier auf dem Fischmarkt.

Stuttgart - Es soll Leute geben, die zieht es in diesen Tagen zum Fischessen auf den Karlsplatz. Das kann man natürlich tun. Der Hamburger Fischmarkt hat schon auch mit Fisch zu tun, keine Frage. Und mit hellem, bitterem Bier in kleinen Gläsern.

Mit dieser Kolumne wollen wir die Veranstaltung aber auch jenen Zeitgenossen ans Herz legen, die ein Faible für gute Unterhaltung und starke Sprüche haben. Es geht um die Typen, deren Tätigkeit mit dem Begriff Marktschreier nur ungenau beschrieben ist. Natürlich können Aale-Dieter, Käse-Tommi, Bananen-Fred und wie sie sich nennen, alle laut schimpfen. Aber die Verkaufsprofis auf dem Karlsplatz haben auch ein Gespür für Zwischentöne.

Wir treffen Aale-Dieter an einem ungewöhnlichen Platz. Der Mann, der sonst Sprüche verzapft und nebenbei Fische unter die Leute bringt, steht hinter einem Zapfhahn. Aale-Dieter, 79, ist so was wie ein Urviech der Branche, ein TV-erprobtes Jahrmarktschlachtross, das schon in so ziemlich jeder Talkshow saß. Während die Kollegen das Mikrofon längst an den Nachwuchs abgegeben haben, packt der Fischhändler Dieter Bruhn immer noch selbst mit an. Und weil beim Bierausschank jemand ausgefallen ist, muss er eben hier aushelfen. Bei dem Mann mit der Gesangsausbildung klingt das so: „Der Chef muss tanzen wie Fred Astaire, immer hin und her.“

Die Nordmänner sind nicht zimperlich

Wer glaubt, der vokale Wettstreit zwischen Rappern sei eine Erfindung der Neuzeit, der stelle sich auf dem Hamburger Fischmarkt einfach mal zwischen zwei Stände, an denen Krawallbrüder das Sagen haben, etwa zwischen Käse-Tommi und den Wattwurm-Wurststand. Wenn der Wurstverkäufer gerade mal nichts zu tun hat, mischt er sich unaufgefordert ins Verkaufsgespräch seines Nachbarn ein. Dass die Nordmänner dabei nicht zimperlich sind, gehört zum guten Ton.

So macht die Stimme nicht schlapp

Die Harmonie ist aber schnell wieder hergestellt, wenn man von den Verkäufern wissen will, wie sie die Arbeit stimmlich durchhalten. „Meistens redet man aus dem Bauch heraus“, sagt der Mann an der Wursttheke. „Und man darf keine kalten Getränke zu sich nehmen.“ Kollege Bananen-Fred, der eigentlich Sven Hartmann heißt und wie die meisten am Platz den Job schon seit Jahrzehnten macht, sieht das genauso. Außerdem hat er ein Rezept, wie man Tag für Tag gute Laune verbreiten kann: „Einfach keine schlechte Laune haben.“

O-Töne der Marktschreier vom Hamburger Fischmarkt gibt es auf der Facebook-Seite des Kolumnisten KNITZ.