Diese Tasse spielt erst ganz am Ende des Textes eine Rolle Foto: Decksmann

Rückrufaktionen sind eine heikle Sache – ganz besondern, wenn es um Hitler-Tassen geht, die eine Möbelhauskette versehentlich unters Volk gebracht hat. StN-Kolumnist Tom Hörner packt das heiße Eisen an.

Stuttgart/Bielefeld/Braunau - Seit einigen Monaten erscheint diese Kolumne auch online. Dies hatte tiefgreifende, inhaltliche Folgen. Da man Texte online angeblich nur mit Bild an die Leute bringen kann, muss sich der Autor, wenn er endlich ein ihm genehmes Thema gefunden hat, auch noch über ein passendes Foto das Hirn zermartern.

Das ist bei einem Text über blankziehende Femen-Aktivistinnen kein Problem. Da liefern Fotoagenturen Bildmaterial bis zum Abwinken. Bei eher philosophisch anmutenden Abhandlung über das Für und Wider von OnlinePetitionen wird es schon schwierig. Nahezu unmöglich gestaltet sich die Bebilderung in folgendem Fall:

Aus Bielefeld wurde diese Woche eine Rückrufaktion gemeldet, die alle Rückrufaktionen der Automobilindustrie in den Schatten stellt. Eine Möbelhauskette hatte sich aus China 5000 Tassen mit Romantik-Motiven kommen lassen, um die Dinger für drei Euro an die Kundschaft zu verscherbeln. Nachdem 175 Tassen verkauft waren, fiel jemandem auf, dass neben Rosen und kunstvollen Schriftzügen eine alte 30-Pfennig-Briefmarke abgebildet war, die den Kopf von Adolf Hitler zeigte. Auch war ein Poststempel mit Hakenkreuz zu sehen.

Der Fall wäre ein gefundenes Fressen für den gemeinen Humoristen, der aus der Hüfte geschossen bedauern würde, dass die Adi-Tasse nicht bei Aldi oder einem Sportartikelhersteller („Adi-Tass“), sondern in einem Möbelhaus aufgeschlagen war. Und er würde sich wundern, warum der Adolf dem deutschen Volk nur 30 Pfennig wert war.

Die Geschichte schriebe sich gewissermaßen von selbst. Nur, wie sollte man sie bebildern? Die Hitler-Tasse zeigen, auf die Gefahr hin, dass junge Menschen mit nationalsozialistischem Gedankengut in Berührung kommen? Die Sache erschien uns an dieser Stelle zu heiß, obwohl auf der Tasse das geschwungene R des Wortes Rose das Hitler-Bärtchen verdeckt.

Wir haben uns in der Online-Version für eine Tasse entschieden, die beim Autor auf dem Schreibtisch herumstand.