Im Kreißsaal muss sich die werdende Mutter auf die Hebamme verlassen können. Ist viel los, bleibt sie aber auch schon mal bis zu Beginn der eigentlichen Geburt auf sich allein gestellt. (Symbolfoto) Foto: dpa

Der massive Hebammenmangel in Stuttgart und ganz Deutschland gefährdet die Betreuung der Gebärenden. Wie wichtig eine gute Hebamme ist, hat unsere Kolumnistin am eigenen Leib erfahren.

Stuttgart - Dass es in Stuttgart – wie ja eigentlich überall – ein Hebammenproblem gibt, weiß ich seit der Geburt meines ersten Kindes. Da hatte ich nämlich zwei Mal Pech. Zunächst in dem Krankenhaus, in dem ich entbunden habe: Weil es an diesem Tag zu viele Geburten für zu wenig Hebammen gab, verbrachten der Mann und ich die gesamte Wehenphase vor der eigentlichen Geburt allein im Kreißsaal, das heißt, ich lag wimmernd auf dem Stuhl und wusste nicht, wie mir geschieht – und der Mann hielt mir die Hand und wusste es auch nicht.

Auch die Nachsorge verlief nicht unbedingt optimal. Ich hatte zwar gerade noch eine Hebamme gefunden, aber die war – wie sie nicht müde wurde zu betonen – von den schlechten Arbeitsbedingungen ihrer Profession maximal frustriert und dadurch offenbar auch wenig motiviert. Zu den ausgemachten Terminen kam sie grundsätzlich ein bis zwei Stunden zu spät. Ans Telefon ging sie wirklich nie und rief auch bei drängenden Fragen (Stillproblemen) nicht zurück.

Zeitdruck und wenig Verständnis

War sie dann mal da, konnte sie es kaum erwarten, wieder zu gehen, selten blieb sie länger als 15 Minuten. Auf Fragen zur Säuglingspflege antwortete sie gern mit „Das haben wir doch im Geburtsvorbereitungskurs schon besprochen!“ und nach zehn Tagen sagte sie mir dann, sie könne nun gar nicht mehr kommen. Bei allem Verständnis für den Zeit- und Arbeitsdruck, unter dem Hebammen heute stehen – und der ein großer Teil des Problems ist: Das fand ich dann alles in allem doch recht unverschämt.

Dabei hätte ich in diesen ersten Tagen und Wochen ganz dringend jemanden mit Sachverstand an meiner Seite gebraucht. Erfahrene Omas oder Tanten hatten wir nicht und so waren wir mit der neuen Situation ziemlich überfordert. Dass ich diese eigentlich so besondere erste Zeit nicht in besonders guter Erinnerung habe, liegt sicherlich auch an diesen schlechten Erfahrungen.

Beim zweiten Kind gleich zwei Mal Glück

Dass es auch ganz anders laufen kann, weiß ich seit der Geburt meines zweiten Kindes. Da hatte ich nämlich zwei Mal Glück. Auf der Entbindungsstation war an dem Tag nicht zu viel los. Die Hebamme hatte viel Zeit für mich, gab hilfreiche Ratschläge, hielt mir die Hand und war ansonsten eben einfach da.

Vor allem aber war die neue Nachsorgehebamme ganz wunderbar. Sie war zuverlässig, nahm sich Zeit, antwortete auf jede Frage prompt und sehr hilfreich und gab mir mit ihrer richtigen Mischung aus Kompetenz, Einfühlungsvermögen, aber auch Direktheit, das Gefühl, wirklich jemanden an meiner Seite zu haben. Dass ich diese zweite erste Zeit in ziemlich guter Erinnerung habe, verdanke ich auch ihr.

Seither weiß ich, dass man nicht nur dringend eine Hebamme braucht, sondern eben auch eine gute. Und dass es eigentlich nicht sein kann, dass es vom Glück oder Pech einer Frau abhängt, ob sie eine solche an ihrer Seite hat.

Lesen Sie hier weitere Kolumnen zum Thema Kinder in Stuttgart

Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.