Kindergeburtstag - ein Highlight für den Nachwuchs, eine Herausforderung für die Eltern Foto: Katrina Brown/ Adobe Stock

Seit sie den Geburtstag des Sohnes zuhause gefeiert hat, versteht unsere Kolumnistin, warum andere Eltern in die Soccerhalle oder ins Spaßbad gehen.

Stuttgart - Kindergeburtstag diese Woche bei uns zuhause: 7 Jungs, 1 Mädchen, schlechtes Wetter. Mehr muss ich erfahrenen Eltern gar nicht sagen, um viele mitleidige Blicke abzustauben. Ich tue es aber trotzdem. Denn: Ich muss mal wieder Abbitte leisten, bei all den anderen Müttern und Vätern, denen ich – als ich noch nicht ins Kindergeburtstagsbusiness eingestiegen war – wahlweise Profilneurosen oder Eventsucht unterstellt hatte.

Allzu gern habe ich nämlich eingestimmt in das Lied, das heute mit Kinder doch alles übertrieben werde. Dass jeder Kleinkindgeburtstag mittlerweile zum Event verkomme. Habe den Kopf geschüttelt über die Berichte von Feiern in Spaßbädern, Soccerhallen und Indoorspielplätzen, von Hüpfburgen und engagierten Zauberern oder anderem Bespaßungspersonal. Habe mich gefragt, warum man nicht einfach zuhause feiern kann. Mit Gugelhupf und Topfschlagen. Mit Mumienwickeln und Schokoladenwettessen. Mit Eierlauf und Verkleiden. Eben so wie wir damals.

Topfschlagen und Mumienwickeln

Deshalb haben wir das dieses Jahr genau so gemacht. Der Sohn wurde fünf. Wir räumten das Wohnzimmer aus, pusteten die Luftballons auf, rollten die Luftschlangen aus, packten die Butterbrottüten mit den Süßigkeit für die Schatzsuche und schrieben eine lange Liste mit möglichen Spielen. Topfschlagen war dabei und Mumienwickeln. Flüsterpost und Wattepusten. Und natürlich backte ich einen pappsüßen Kuchen dazu. Nach den Vorbereitungen war ich schon mal ziemlich geschafft.

Es lief dann aber ziemlich gut – bis auf ein paar kurzzeitige Entgleisungen des emotional überforderten Geburtstagskindes. Wir spielten sehr lange und sehr laut Topfschlagen, ganz kurz und auch sehr laut „Radio, Radio sing’ einmal“. Dann wollte die junge Gesellschaft allein im Kinderzimmer spielen, respektive es auseinandernehmen. Dann gab es die Schatzsuche durch alle Räume, das Geschenkeaufreißen mit Flaschendrehen (also die jugendfreie Version). Und zum Abschluss Pommes für die Kinder und Sekt, viel Sekt, für die Eltern. Am Abend räumten wir sehr lange auf. Es war schön, aber auch ganz schön anstrengend.

Eltern mit Eventgeburtstagen sind nicht profilierungssüchtig, sondern faul

Danach dachte ich, dass die Eltern mit den Eventgeburtstagen nicht profilierungssüchtig sind, sondern einfach nur faul. Also faul im positiven Sinne, weil sie es sich selbst ein bisschen einfacher machen. Denn es ist nun mal sehr viel weniger anstrengend das Soccerhallen-rundum-sorglos-Kindergeburtstagspaket zu buchen, als drei Stunden lang die eigene Wohnung vor der Zerstörung zu retten – und dann wieder aufzubauen.

Außerdem fragte ich mich, warum eigentlich unsere Eltern damals nie auf die Idee gekommen waren, Kindergeburtstage outzusourcen? Das Geld spielte sicherlich eine Rolle, vor allem aber waren die Umstände in der Kleinstadt, aus der ich komme, vielleicht nicht unbedingt besser, aber sicherlich kindergeburtstagskompatibler. Die Mütter waren fast alle daheim, hatten also viel Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Feier. Vor allem aber wohnten fast alle im Eigenheim, hatten einen Garten für Sommergeburtstage und einen Partykeller für Wintergeburtstage, also einen Raum unter der Erde, in dem es egal war, wie er nach der Feierei aussah und der nicht – wie in den Stadtwohnungen heute – am nächsten Tag schon wieder betretbar sein musste.

Der Eventgeburtstag als Beitrag zur Vereinbarkeit

Als ich nachts um zwölf – geschaffter als nach dem anstrengendsten Arbeitstag – in meinem Bett lag reservierte ich deshalb schon mal im Geiste die Soccerhalle fürs nächste Jahr. Als Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Stadtleben sozusagen.

In diesem Sinne: Frohes Fest allerseits!

Lesen Sie hier mehr aus der Kolumne „Mensch, Mutter“

Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.