Babys wollen die Welt entdecken, dazu gehören auch Mamas Haare. Autsch! Foto: Gründler/ Adobe-Stock

Zerkratzte Augen, Bisswunden, Tritte in den Unterleib – das Leben mit kleinen Kindern ist manchmal ein bisschen wie ein Wrestling-Kampf, findet unsere Kolumnistin.

Stuttgart - Vor nicht allzu langer Zeit habe ich in dieser Kolumne über die nicht enden wollenden Kinderkrankheiten der letzten Wochen und Monate geklagt (meine Tochter ist übrigens aktuell schon wieder krank). Heute will ich mal drüber schreiben, welches Gesundheitsrisiko Kinder für ihre Eltern bedeuten. Und damit meine ich nicht die Risiken einer Schwangerschaft und Geburt für Frauen, die zumindest in der westlichen Welt dank der modernen Medizin stark zurück gegangen sind. Und damit meine ich auch nicht das tatsächlich ernsthafte Problem, dass sich viele Mütter am Rande der Erschöpfung befinden. - Nein, ich spreche über die vielen kleinen Zipperlein, die der Alltag mit Kindern mit sich bringt. -

Kürzlich tauschte ich mich mit einer Kollegin über dieses Thema aus. Ihr Kind ist erst wenige Jahre alt, aber sie hat schon einen ziemlich langen Leidensweg hinter sich: Unter anderem hat ihr der Sohn (aus Versehen natürlich) ein Stück Hornhaut im Auge abgekratzt. Einmal hat sie sich die Fingerkuppe stark geprellt, als sie das Kind in den Autositz setzen wollte (keine Ahnung, wie das geht), und als sie mal mit dem Kleinen auf - dem Arm ausgerutscht ist, nahm sie nur für ihn eine Schonhaltung ein und knallte selbst unabgebremst aufs Knie. -

Die Tochter schmeißt mir die Lampe auf den Kopf

Wenn man ein bisschen herumfragt, hört man überall solche Geschichten von körperlich lädierten Müttern und Vätern: Von Oberschenkelzerrung nach dem Fußballspiel mit Vierjährigen. Von ausgerissenen Haaren und Tritten in den Unterleib durch unkontrollierte Babymotorik. Von Blutergüssen nach Trotzphasen-Beißattacken und Beulen auf der Stirn, weil das Kind die Tür genau in dem Moment zugeworfen hat, als Mama hindurchgehen wollte.

Ich kann unter anderem eine chronische Sehnenscheidenentzündung während meiner letzten Elternzeit vom permanenten Kind-Herumtragen beisteuern, die erst dann besser wurde, als ich mich endlich wieder bei der Arbeit erholen konnte. Ich bin schon über die Füße meines Sohnes gestolpert, der gern knapp vor statt neben mir geht, und mein Nacken ist eigentlich permanent verzogen, weil ich aufgrund der minderjährigen Mitschläfer sehr verrenkt im Bett liege. Apropos Bett: Einmal zog meine zweijährige Tochter unbedacht am Kabel meiner Nachttischlampe, wodurch diese umfiel und mit ihrem Porzellanschirm direkt auf meinen Kopf knallte, der den Unfall glücklicherweise ebenso überlebte wie die Lampe (die Schmerzen waren übrigens noch größer als die, wenn man nachts barfuß auf einen Legostein tritt).

Und Mutti fühlt sich reif zum Abwracken

Ganz zu schweigen von all den Kinderviren, die die Kleinen ja leider nicht nur selbst durchstehen müssen, sondern auch sofort an ihre Eltern weiter geben, deren Immunsystem aufgrund von chronischem Schlafmangel und Dauerzerrissenheit zwischen Beruf und Familie sowieso schon am Boden liegt. Tatsächlich war ich kürzlich zwei Wochen mit einem Erkältungsvirus beschäftigt, der nur deshalb so lange dauerte und sich zu einem bakteriellen Infekt auswuchs, weil ich mich natürlich erst mal nicht ins Bett legte, sondern nicht nur pflichtbewusst zur Arbeit ging, sondern auch ins Kinderturnen, -singen, -schwimmen.

Schon klar: Lebensbedrohlich ist das alles nicht und es gibt Schlimmeres, aber in der Summe führen die Kinderattacken auf meine körperliche Unversehrtheit eben doch dazu, dass ich mich manchmal reif zum Abwracken fühle. (Dass ich nicht gerade junge Mutter geworden bin, könnte auch dazu beitragen. Wer diese Kolumne regelmäßig liest, erinnert sich.)

Einerseits. Andererseits lebe ich als Mutter auch wieder gesünder als ohne Kinder. Zum Beispiel habe ich in der ersten Schwangerschaft das Rauchen aufgehört. Da ich im Grunde nie weggehe und auch gar nichts mehr vertrage, hält sich mein Alkoholkonsum sehr in Grenzen. Ins Bett gehe ich auch ganz früh, ich bewege mich mit dem Kinderwagen viel an der frischen Stuttgarter Luft, und wenn ich an all die gesunden, mit viel Liebe geschnittenen Apfel-, Paprika und Karottenschnitze denke, die ich selbst aufesse, weil die Kinder sie liegenlassen – und natürlich an all die viiiiiiiiiiielen schönen Momente im Leben mit Kindern, ich will nicht nur jammern –, dann müsste ich eigentlich ziemlich alt werden.

Es sei denn, das Kind zieht mir mal wieder eine Lampe über den Kopf.

Lesen Sie hier mehr aus der Kolumne „Mensch, Mutter“

Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.