Blumen zum Schluss? Nicht bei den Grünen in Ludwigsburg!  Foto: Fotolia 44432153

Die Demission der Grünen-Chefin geschieht ohne große Worte – was aber trotzdem sehr viel aussagt. Nicht nur über Elfriede Steinwand.

Ludwigsburg - Abschied, sang einst die güldenhaarige Katja Ebstein, ist ein bisschen wie Sterben. Abschied, philosophierte der schnurbärtige Salavdor Dalí, ist die Geburt der Erinnerung. Vor allen Dingen aber ist Abschied eine schrecklich diffizile Sache: Was soll man sagen? Was kann man sagen? Was darf man sagen?

Nun, wenn der nahende Abschied ein schmerzlicher ist, wäre „Du wirst uns fehlen“ – nur als Beispiel – angezeigt. „Mach’s gut“, würde sich bei Trennungen eignen, bei denen sich der Trennungsschmerz in engen Grenzen hält. Man kann es aber auch machen, wie die Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat. Zum Abgang ihrer bisherigen Vorsitzenden Elfriede Steinwand haben sie formuliert: „Elfriede Steinwand sitzt seit 2004 für die Grünen im Gemeinderat. Im Sommer 2016 war sie zur Fraktionsvorsitzenden ernannt worden.“

Keine guten Wünsche

Tja, was soll man dazu sagen? Vielleicht mal bei Hans Carossa nachschlagen: „Was einer ist, was einer war, beim Scheiden wird es offenbar“, hat der weise Arzt vor vielen Jahrzehnten gedichtet. Oder vielleicht mal durch die Karrierebibel blättern bis zum Stichwort Arbeitszeugnis. Hätten die Grünen letzteres getan, wüssten sie, dass sie über ihre langjährige Kollegin und kurzzeitige Chefin ruhig ein paar Worte mehr hätten verlieren dürfen. Zum Beispiel, dass man Elfriede Steinwand für die Zukunft alles Gute und insbesondere auch Erfolg wünscht. Zumal die restlichen Grünen von dieser Zukunft ja nicht ganz unberührt sind. Immerhin bleibt Elfriede Steinwand dem Gemeinderat als Fraktionsmitglied erhalten, verlässt also gewissermaßen das Unternehmen nicht, schon gar nicht auf eigenen Wunsch. Und zumal, wie jeder weiß, der schon mal ein Arbeitszeugnis zurückgegeben hat, für solche Fälle raffinierte Formulierhilfen geschaffen wurden.

Wüsste man es nicht besser, müsste man glauben, der Satz „Sie verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen“ ist eigens für Elfriede Steinwands Zeugnis formuliert worden. Der einfache Leser denkt hier natürlich an den unerschrockenen Kampf gegen den (behaupteten) Klüngel im Ratssaal. Der erfahrene Wähler jedoch übersetzt: „Die fachlichen Lücken macht sie mit Arroganz wett.“

Profis wissen mehr

Passend auch die Formulierung: „Sie ist eine anspruchsvolle und kritische Mitarbeiterin.“ Gutgläubige erinnern sich sofort an die selbstlose Kritik an den gemeinderätlichen Inforeisen. Doch Profis wissen: „Diese Frau ist egoistisch und nörgelt viel.“

Was in einem qualifizierten Zeugnis für die scheidende Chefin auf gar keinen Fall hätte fehlen dürfen, wäre der Satz gewesen: „Sie zeigte eine erfrischende Art im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten.“ Das hätten bestimmt auch die Räte aller anderen Fraktion unterschrieben, denen Elfriede Steinwand regelmäßig ins Wort fiel, sowie alle Bürgermeister, die die Wortführerin der zweitgrößten Fraktion deshalb zunehmend strenger ermahnen mussten.

Kein Wort über die guten Seiten

Aber, wie gesagt, nichts von alledem steht in der Mitteilung der Grünen. Und das, obwohl unter all den stinkigen Stimmen vor Steinwands Abgang auch positive Töne zu hören waren. Bei aller Kritik, die Elfriede sei halt schon auch sehr kompetent, sehr erfahren, sehr engagiert.

Naja! Schlagen wir noch mal nach bei Hans Carossa: „Auch die bittersten Worte, die Menschen einander sagen“, schrieb er vor langer, langer Zeit, „wirken selten so entzweiend wie die unausgesprochenen, die der eine vom andern vergeblich erwartet.“