Für Neubürger: ein Gutscheinheft vom OB Vöhringer Foto: Stadtverwaltung

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche übertreibt es Wolfgang Lützner mit den Dimensionen seines Wahlkampfs. Sein Sindelfinger Kollege verteilt Geschenke.

Böblingen - Bei der Contipark Parkgaragengesellschaft ist das Geld hart verdient. Deren Mitarbeiter werden auch sonntags hinausgeschickt und sogar am 24. Dezember – zumindest in Herrenberg. Ihr Job ist es zu kontrollieren, ob alle Nutzer der Park-and-ride-Plätze der Bahn einen Parkschein gelöst haben. Zwar stellen dort für gewöhnlich vor allem Pendler ihre Fahrzeuge ab, überhaupt war an dem Datum nicht mit vielen Nutzern zu rechnen. Aber der Mann war an Heiligabend dennoch nicht umsonst unterwegs: Er erwischte Musiker des Oberjesinger Posaunenchors, die gerade Pflegeheim-Bewohnern ein Ständchen hielten. Mit einem Knöllchen in Höhe von 32,50 Euro belohnte er ihren Einsatz, weil sie sich keinen Parkschein für 60 Cent gekauft hatten.

Wer kann denn glauben, dass ein Parkplatzkontrolleur an Weihnachten nichts Besseres zu tun hat, als Parkplätze zu kontrollieren? Laut dem Bericht in der Herrenberger Lokalzeitung sollen von den 135 Plätzen nur zehn belegt gewesen sein, vier davon mit Autos aus Oberjesingen. Als die Posaunisten nach einer halben Stunde zu ihren Fahrzeugen zurückkehrten, erwischten sie den Mann auf frischer Tat. Zwei Strafzettel hatte er bereits ausgestellt, von zwei weiteren ließ er sich abhalten. Aus der Vereinskasse wurden die 65 Euro beglichen, allerdings nicht ohne Beschwerde bei der Deutschen Bahn einzulegen. Schließlich befanden sich die Musiker wenn nicht auf einer himmlischen, so doch wenigstens auf einer ehrenamtlichen Mission.

Die Bahn ließ Milde walten

Und siehe da: Der Konzern ließ Milde walten! Aus Gründen der Kulanz verzichtete Contipark auf das Geld, jedoch nicht auf die Belehrung. Weil die Bahn rund um die Uhr fährt, würde auch die Gebührenpflicht auf ihren Parkplätzen täglich 24 Stunden gelten, der 24. Dezember eingeschlossen. Trotzdem erhielten die Oberjesinger noch ein kleines Weihnachtsgeschenk fürs Schwarzparken, damit sie beim nächsten Vereinsausflug nicht schwarzfahren müssen – einen Reisegutschein in Höhe von 50 Euro für den Posaunenchor.

Obwohl der Heilige Abend längst vorbei ist, hat auch Wolfgang Lützner jüngst einen ähnlichen Akt der Barmherzigkeit erlebt. In seinem Fall ging die Kulanz einen Schritt weiter: Um Böblingens Oberbürgermeister einen Strafzettel zu ersparen, hat sein Ordnungsamt die Vorschriften geändert. Denn das Stadtoberhaupt hat sich größer gemacht als erlaubt. Schließlich will er die Wahl am 4. Februar gewinnen. Statt sich an das vorgeschriebene Format DIN A1 bei seinen Plakaten zu halten, setzte er auf DIN A0. Damit hat er einen Wettbewerbsvorteil zwischen 15 und 26 Zentimetern gegenüber seinen Mitbewerbern. Laut der „Böblinger Lokalzeitung“ entschied sich der Gemeindewahlausschuss dazu, die Grenzüberschreitung nachträglich zu genehmigen. Dabei handle es sich aber keinesfalls um eine Lex Lützner, versicherte der Ausschussvorsitzende Tobias Heizmann. Statt die Plakate einzusammeln, habe sich die Verwaltung dazu entschieden, nicht alle Verstöße zu ahnden. Angeblich würde in Wahlkampfzeiten das Ordnungsamt stets Gnade vor Recht walten lassen.

Einen Gutschein bekommt der OB nur in Sindelfingen

Immerhin hat der Gemeindewahlausschuss dem OB nicht noch einen Gutschein ausgestellt, etwa ein Paket Stimmzettel mit dem Kreuz an der richtigen Stelle. Dafür muss Wolfgang Lützner nach Sindelfingen umziehen. In der Nachbarstadt erhalten Neubürger sogar ein dickes Heft mit sage und schreibe 63 Gutscheinen von Institutionen, Unternehmen und Vereinen. Bei der Präsentation der Aktion versicherte OB Bernd Vöhringer auch: „Wir heißen alle neuen Sindelfinger herzlich willkommen.“