In der heilen Welt von Herrenberg werden Nistkästen aufgehängt. Foto: Stadt Herrenberg

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche läuft der Wahlkampf langsam an: Die SPD ist bereits von Kaffee auf Bier umgestiegen, in Altdorf steht die Welt kopf.

Renningen - Die Kommunalwahl rückt näher. Und bei der SPD ist bereits eine gewisse Ernüchterung zu spüren: Im Februar luden die Renninger Sozialdemokraten noch „auf ein Bier“ ein „zum lockeren Austausch über Kommunalpolitik“. Womöglich ist die Veranstaltung entglitten, vier Wochen später hieß es jedenfalls, jede Grammatikregel ignorierend: „Auf ein Kaffee“. Der Wachmacher passte in der Tat besser zu dem Thema und zur Uhrzeit: Von 15 Uhr an wurde in einem Café über Mobilität und Verkehr diskutiert. Von locker war in der Mitteilung auch keine Rede mehr.

Freie Wähler setzen auf plakative Parolen

Auf plakative Parolen statt Getränke setzen die Freien Wähler in Magstadt. Wahlslogans sollten schließlich sowohl nach dem Genuss von Kaffee als auch von Bier verstanden werden. „Magstadt muss frischer und moderner werden“, finden die Kandidaten dieser bürgerlichen Vereinigung. Dabei ist die Gemeinde erst vor Kurzem zur Start-up-Kommune gekürt worden, was doch ein ganz hipper Titel ist. Laut seinem Rad-Cluster-Konzept will der Bürgermeister Magstadt sogar zur Fahrrad-Hochburg mit europaweiter Ausstrahlung ausbauen. „Wir wollen laufende Projekte abschließen und notwendige Investitionen wagen“, lautet dagegen die eher lahme Devise der Freien Wähler.

Mit dem Wunsch nach mehr Modernität scheinen sie aber nicht alleine dazustehen. Initiative Modernes Altdorf nennt sich eine Gruppe, die mit einer neuen Liste zur Kommunalwahl antritt, obwohl die Gemeinde beim Wettbewerb um die gründerfreundliche Kommune erst gar nicht mitgemacht hat. Aber so innovativ ist die Initiative sowieso nicht: Eines ihrer Ziele ist „die Erhaltung des dörflichen Charakters“. Der Verkehr und die damit verbundene Lärmbelästigung sowie nicht bebaute Flächen treiben die Mitglieder außerdem um – unter anderem.

Ausgerechnet der BUND will Bäume abholzen

Aber die Altdorfer leben sowieso in einer ganz eigenen Welt. Dort will der Bund für Umwelt und Naturschutz ein Wäldchen abholzen – aus Gründen des Vogelschutzes. Ein Blick in die Herrenberger Idylle zeigt wie immer, wie ein solches Thema eigentlich angegangen werden sollte: Im Hortus Herrenbergensis, dem geplanten Gemeinschaftsgarten, sind Nistkästen aufgehängt worden, meldet die Stadt. In luftiger Höhe baumeln die Vogelhäuser, damit ihre Bewohner stressfrei ihren Nachwuchs ausbrüten könnten. „Direkte Sonneneinstrahlung und Windschatten erhöhen den Komfort für die erwarteten Zwischenmieter zusätzlich“, schwärmt das Rathaus. Meise und Feldsperling, Gartenrotschwanz und Kleiber sollen „die von Menschenhand geschaffenen Höhlen beziehen und darin nisten“, so die Hoffnung.

Kein Kahlschlag im Wahlkampf

In Altdorf ist das Thema im Wahlkampf hochgehängt worden, was Stress beim BUND verursacht hat. Das Wäldchen war eigentlich vor 50 Jahren als Schutzgebiet für Heckenbrüter angelegt worden, doch Pappeln und Eschen wuchsen über die Vögel hinaus. Seit drei Jahren ist die Abholzung abgemacht. Allerdings befürchteten Gemeinderäte verschiedener Fraktionen jetzt, dass der geplante massive Eingriff zu massiver Kritik bei der Bevölkerung führen könnte: undenkbar, so kurz vor der Wahl. Die Bürgerliche Vereinigung plädierte deshalb dafür, die Vögel in woanders gepflanzte Büsche umzusiedeln, damit das Wäldchen stehen bleiben kann. Albrecht Brenner vom Altdorfer Forum empfahl einfach, „dem Konflikt aus dem Weg zu gehen“.

Tatsächlich soll in Altdorf erst einmal alles beim Alten bleiben, das ist sowieso der Menschen liebste Politik, und frühestens im Herbst das Thema angegangen werden, hat der Gemeinderat beschlossen. Bis dahin wird der Austausch über Kommunalpolitik auch wieder locker.