Ungestörter Spatenstich: Helmut Riegger mit dem Landesverkehrsminister Winfried Hermann Foto: factum/Simon Granville

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche gerät Zuffenhausen unter die Räder der Hesse-Bahn, und Porsche liegt plötzlich in der Pampa. Auch die Verbindung zum Kreis Böblingen bleibt angespannt.

Zuffenhausen - Eigentlich sollte die Hesse-Bahn eine neue Verbindung schaffen von Calw über den Landkreis Böblingen nach Stuttgart. Aber durch die Wiederbelebung der Schienen gerät so manches unter die Räder. Jetzt war der Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen an der Reihe. „Wer will denn von Weil der Stadt oder Leonberg dahin?“, fragte der aus Leonberg stammende Hans-Joachim Knupfer – „rhetorisch“, heißt es noch in der Mitteilung der Bürgeraktion Unsere Schwarzwaldbahn. Auf diese Frage erwartet deren Sprecher also keine Antwort, weil sie ihm sowieso schon klar ist: Niemand.

Gegenüber Zuffenhausen sind diese abschätzigen Bemerkungen nicht fair. Klar, der Stadtteil besteht zu großen Teilen aus Industrie. Immerhin handelt es sich dabei um Porsche samt seinem auch architektonisch sehenswerten Museum. Aber dafür scheint sich der Leonberger oder Weil der Städter nicht zu interessieren. Beim Thema Hesse-Bahn war der Tonfall noch nie von besonderer Freundlichkeit geprägt. Und wenn in Stuttgart darüber diskutiert wird, eine Express-S-Bahn von Weil der Stadt nach Zuffenhausen zu bauen, wodurch Calw womöglich abgehängt wird, dann hört der Spaß auf.

Sinnfreie Zusatzlinie, die in der Pampa strandet

Hans-Joachim Knupfer nimmt kein Blatt vor den Mund. Für ihn handelt es sich um eine „sinnfreie Zusatzlinie“, mit der die Fahrgäste nur „in der Pampa stranden“. Dass er damit nicht wirklich die Grassteppe Argentiniens meint, sondern es Synonym für eine dünn besiedelte, einsame, abgelegene Gegend ist, ist klar. Der Mann aus Leonberg scheint tatsächlich noch nie in Zuffenhausen gewesen zu sein. Die Anwohner würden sich über ein bisschen mehr Grün sicher freuen.

Für die Bürgeraktion wäre nur ein Metropolexpress von Calw nach Stuttgart ein echter Gewinn, der mehr Fahrgäste und weniger Autos auf den Straßen zur Folge hätte. „Andere S-Bahn-Linien Richtung Stuttgart werfen die Leute ja auch nicht in Zuffenhausen, Vaihingen oder Untertürkheim raus, nur weil da ein Gleis endet“, argumentiert Hans-Joachim Knupfer. Er geht deshalb von einem großen Komplott aus: Lokale Regionalräte wollten die Durchbindung der „bösen“ Calwer Hermann-Hesse-Bahn bis zum Renninger Bahnknoten in den Hauptverkehrszeiten verhindern. Die Region will die Schwarzwälder nicht nur nicht in Stuttgart (sondern nur in Zuffenhausen) haben, sondern gönne „den Calwern keine attraktive Anbindung in den Raum Sindelfingen“. Dass der Calwer den Menschen im Raum Sindelfingen dann ebenfalls nichts gönnt, ist logisch. Beim kürzlich vollzogenen Spatenstich des Hesse-Bahn-Tunnels zwischen Ostelsheim im Kreis Calw und Weil der Stadt fehlte prompt der Böblinger Landrat Roland Bernhard. Möglicherweise kam es ihm gelegen. Wer weiß, wie viele Schwarzwälder aus der Pampa künftig durch diese Röhre in den Raum Sindelfingen strömen, muss sich bei einem solchen Termin doch sofort jeder Kreisbewohner rein rhetorisch fragen.

Leidensfähiger Landrat

Doch Roland Bernhard ist leidensfähig: „Ich wäre gerne vor Ort gewesen“, berichtet er. Ein Beitrag zum Streckenbau von 3,9 Millionen Euro aus Böblingen hätte durchaus ein Häppchen und ein Glas Sekt wert sein können. „Das allerdings setzt eine Einladung voraus“, ergänzte er. Kurz habe er sich überlegt, einfach so zu kommen, aber das sei nicht seine Art.

Dass Helmut Riegger sich diesen Auftritt bei einem Tunnelbau, der womöglich ins Leere geht, ersparen wollte, ist andererseits nachvollziehbar. Er hätte zu dem Spatenstich „noch viele Menschen einladen können“, erklärte der Calwer die ausgebliebene Einladung für seinen Böblinger Landratskollegen offiziell. In dem Fall kam ihm Corona ganz gelegen und Roland Bernhard eben unter die Räder.