Auch bockige Kinder: Kate Winslet im Film „Little Children“ Foto: Verleih

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche hat Sindelfingen einen Preis gewonnen und eine neue Buslinie – den Verschwörungstheorien zum Trotz.

Sindelfingen - Sindelfingen kann gute Nachrichten gut gebrauchen. Aus Berlin kam nun eine hervorragende Botschaft: Die Stadt feilt ganz ausgezeichnet an ihrem Image. Der kommunale Werbefilm, den die Wirtschaftsförderung hat produzieren lassen, ist auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) mit dem Goldenen Stadttor ausgezeichnet worden. Was wie ein klobiger Staubfänger klingen mag, ist tatsächlich ein begehrter Preis: Sage und schreibe 121 Filme waren im Rennen um den internationalen Tourismus-Award mit dem urdeutschen Titel. „Diese Auszeichnung ist für uns Ansporn und Motivation, weiterhin intensiv daran zu arbeiten, Sindelfingen in der Region und darüber hinaus als attraktive Stadt zu positionieren“, freute sich der Wirtschaftsförderer Sascha Dorday.

Erschöpfende Aufgabe für den Wirtschaftsförderer

Dass es sich dabei um eine erschöpfende Aufgabe handelt, kann man sich vorstellen. In dem Film wird die Geschichte einer dreiköpfigen Familie erzählt, die wider Erwarten in Sindelfingen einen schönen Tag erlebt. Jung und Alt bummeln durch die Altstadt, radeln durch den Park, spielen bei Sensapolis und kaufen sich noch einen Daimler. So weit die Theorie, in der Praxis sieht es momentan leider etwas anders aus. Während in der Frühlingssonne langsam die Knospen erblühen, wurde Sindelfingen vom Staub und vom Dreck einer theoretisch möglichen Erddeponie erschüttert. Solche Nachrichten machen sich gar nicht gut beim Buhlen um die Reisenden, die im Stadtwald sicher keinen Bauschutt besichtigen wollen. Ist der Ruf erst ruiniert, wird das Goldene Stadttor das Image von Sindelfingen auch nicht mehr aufpolieren.

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Bernd Vöhringer kurz nach der Preisverleihung härtere Töne anschlug. Zwar haben alle fünf als Deponiestandort in Betracht gezogenen Kommunen deutliche Worte gegen diese Pläne gefunden, aber Sindelfingens Oberbürgermeister hat als einziger Rathauschef am Freitag nachgekartet. An dem Tag, als die letzten dem Landratsamt zur Verfügung stehenden Unterlagen zu der Standortsuche ins Internet gestellt wurden, forderte er Akteneinsicht von der Kreisbehörde. „Wir wollen genau wissen, warum Sindelfingen mit mehreren Standorten ausgewählt wurde“, ließ er mitteilen. Und dass er sich frage, ob der Landrat etwas zu verbergen habe und Sankt Florian persönlich mit an dessen Tisch saß, als andere Kommunen ausgeschieden wurden.

ROland Bernhard wohnt bei einer ehemaligen hausmülldeponie

Roland Bernhard, der an keinem der ursprünglich im Rennen befindlichen 78 Standorte wohnt, sondern in Horb im Kreis Freudenstadt, wo übrigens auf dem Gelände einer ehemaligen Hausmülldeponie noch ein Recycling-Center betrieben wird, wählte am Montag dennoch sanfte Töne. Er sprach in der Ausschusssitzung vor der Debatte über die Deponie, wie Eltern mit bockigen Kindern sprechen: „Dass ich eine Stadt besonders lieb habe oder nicht lieb habe“, habe bei dem Verfahren keine Rolle gespielt, stellte er zum Amüsement der anwesenden Kreispolitiker klar.

Viel schöner und richtiggehend filmreif ist jedoch die Vorstellung, dass der Landrat Sindelfingen als Retourkutsche für ein verspätetes Buskonzept mit Bauschutt und Erdaushub abstrafen wollte. Ein Goldenes Stadttor ließe sich damit zwar eher nicht gewinnen, aber vielleicht einen edel eingefassten Robespierre, einen der ersten erfolgreichen Verschwörungstheoretiker in der Politik. Nichts dergleichen ließ sich Roland Bernhard in der Sitzung jedoch anmerken: Am Montag wurde sogar noch das Busangebot in Sindelfingen verbessert. Der Ausschuss hat der Bezuschussung der neuen Flugfeld-Linie zugestimmt.