Einig: die Oberbürgermeister Belz (links) und Vöhringer Foto: factum

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche herrscht zwischen Böblingen und Sindelfingen pure Harmonie. Das lässt sich von Nufringen nicht sagen. Und während in Bondorf in der Vergangenheit gegraben wird, hat in Altdorf die Zukunft begonnen.

Böblingen - In unterschiedlichen Zeitzonen befinden sich momentan zwei Dörfer im Kreis. Altdorf empfängt die Zukunft, während Bondorf in der Vergangenheit graben muss. Letzteres ist selten ein Vergnügen. Wer weiß, was unter dem geplanten Quartier Lange Gasse verborgen liegt? Das Landesdenkmalamt hat eine Vermutung: römische Ruinen. Der Bürgermeister scheint allerdings kein Faible für Geschichte zu haben. „So viel zu bezahlbarem Wohnraum und der Forderung Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, schimpfte er laut der Lokalzeitung. Denn die Kosten für die Grabungen trägt nicht das Denkmalamt, sondern der Bauherr. Außerdem ist die wissenschaftliche Untergrabung der kommunalen Pläne erst durch eben selbigen möglich geworden – weil die Häuser, die dort bisher den Archäologen im Weg standen, nun abgerissen wurden.

Den Abfallkalender aufs Handy

„Bürger-App City Hub“ lautet dagegen das Schlagwort, über das sich die Altdorfer freuen dürfen. Sie können ihr Dorf jetzt auf das Smartphone laden. Dank eines Programms des Landesinnenministeriums namens „Future Communities“ gehört Altdorf anders als Bondorf zu diesem auserlesenen Kreis. Einen Ortsplan beinhaltet die App unter anderem, den Abfallkalender und die Öffnungszeiten des Rathauses. Dass diese Infos für die Altdorfer nicht unbedingt neu sind, hat die Hauptamtsleiterin bei der Vorstellung des Knotenpunktes, was hub auf Deutsch heißt, erkannt. „Das Nette an der App“ ist laut Karin Grund nämlich, dass sie auch in anderen Zukunftskommunen, also nicht in Bondorf, funktioniert. Die Altdorfer, die in einer solchen landen, erhalten dann sofort einen Abfallkalender und Rathausöffnungszeiten , die sie noch nicht kennen, auf ihr Handy.

Damit der Gegensätze jedoch nicht genug: Neben rück- und fortschrittlichen Kommunen, gibt es aktuell auch harmonische und dissonante im Kreis, wie sich seit der Amtseinsetzung zweier neuer Rathauschefs zeigt. In Nufringen hängt der Haussegen schief, seit der Gemeinderat Ingolf Welte das Budget gekürzt und die Entscheidungshoheit bei Einstellungen begrenzt hat. Als „unfreundlichen Akt“ gegenüber dem neuen Bürgermeister empfand so mancher Nufringer die Entscheidung. Ein CDU-Rat verwahrte sich gegen diese Vermutung: „Der Beweggrund lag darin, den Bürgermeister vor eventuell falschen Entscheidungen zu schützen und ihm die Arbeit in der Anfangszeit zu erleichtern.“ Was vielleicht gut gemeint war, klingt dennoch eher wie ein Misstrauensvotum – weil der frühere Kommissar in seinem neuen Job ein blutiger Anfänger ist.

Zwei OBs, die sich von vorherein einig waren

Das Gleiche gilt auch für Stefan Belz. Aber dem neuen Böblinger Oberbürgermeister sind solche Akte bisher erspart geblieben, vielleicht weil die Stadträte erst nächste Woche tagen. Momentan herrscht Harmonie: Auf dem Flugfeld war zu beobachten, wie zwischen ihm und seinem Sindelfinger Kollegen gleich ein Wir-Gefühl entstanden ist. „Wir sind beide sehr zufrieden mit der Entwicklung“, sprach Bernd Vöhringer mit einer Stimme für beide über den gemeinsamen Stadtteil und die geplante Wohnbebauung am Langen See. „Ich möchte betonen, dass ich und mein Amtskollege uns von vorherein einig waren“, sagte Stefan Belz über die Auswahl des Siegerentwurfs für das Bauwerk. „Ich bin froh und dankbar, dass wir die gleichen Visionen teilen“, ergänzte Bernd Vöhringer.

Auch wenn die Fusion der Kreisstädte nun in greifbare Nähe gerückt zu sein scheint – so weit geht die Harmonie dann doch nicht. Immerhin werden die Grenzen zwischen Böblingen und Sindelfingen just jetzt neu gezogen. Künftig treffen die Städte nicht mehr an der öden Flugfeldallee aufeinander, sondern am Platz vor der Harfebrücke, der durch Gastronomie belebt werden soll. Das Wort stammt übrigens aus dem Griechischem, gaster bedeutet Magen. Und es ist ja bekannt, dass die Liebe durch dieses Organ geht.