Noch bis Sonntag versammeln sich die Fischer-Chöre in der Schleyerhalle, um gemeinsam mit Helene Fischer zu singen. Foto: Andreas Rosar/Fotoagentur-Stuttgart

„Ihr Name ist Verpflichtung“, sagt Gotthilf Fischer zum Stuttgart-Hype um Helene Fischer. Dass die Schlagerkönigin alle zum Mitsingen bringt, erfreut den Dirigentenkönig, der bald 90 wird. Ein Besuch bei den Fischer-Chören der Schleyerhalle.

Stuttgart - Sechs Euro kostet das Parken auf dem Wasen. Der freundliche Südländer, der das Geld kassiert, schmunzelt ins Auto hinein und sagt: „Viel Spaß bei Andrea Berg.“

So lustig geht es bei den Helene-Fischer-Festspielen bereits eine halbe Stunde vor Konzertbeginn zu. Fast alle sind gut drauf – aber eben nicht alle. Missmutig wedeln einige Männer mit Karten auf der Brücke zur Schleyerhalle. Die Preise sind jäh abgestürzt. Einer will für eine Karte, die regulär 93 Euro gekostet hat, nur noch 50 Euro.

Duuuuu, bist ein Phänomen, duuuu kannst die Erde drehen – doch jetzt will mit überteuerten Karten gar nix mehr gehen.

T-Shirt-Aufdruck: „Sag mal, spürst du das?“

Draußen ist der Markt, den man schwarz nennt, zusammengebrochen, kurz bevor drinnen eine makellose Schönheit hell erleuchtet wird, um noch makelloser zu erscheinen. Zwei vergnügte Rentnerinnen aus Nürtingen bereuen es angesichts der Ticket-Schnäppchen nicht, je 138 Euro bei einem Reisebusunternehmer ausgegeben zu haben. In ihrem Preis ist mit dem Eintritt die Mega-Stimmung auf der gemeinsamen Busheimfahrt mit Helene-Fans mit drin.

Wer einen oberen Tribünenplatz erwischt hat, sieht, wie Helene Fischer knapp unter der Hallendecke, begleitet von Bodyguards, auf dem Stahlgerüst hin und her rast. Sie wuselt so schnell, um rechtzeitig wechselnde Orte zu erreichen. „Sag mal, spürst du das?“, steht auf schwarzen T-Shirts der Fans. So viele spüren es, dass sie aus voller Kehle textsicher mitsingen. In der Heimat der Fischer-Chöre ist halt der Nachname der Entertainerin ein Versprechen.

Wie Gotthilf Fischer seinen 90. Geburtstag feiert

„Ihre Leistung und ihr Können sind großartig“, sagt ein berühmter Namensvetter. Gotthilf Fischer ist ein großer Fan von Helene Fischer, wie er unserer Zeitung gern versichert. „Allein ihr Name ist Verpflichtung“, findet der Herr der Kehlen, der selbst schon Stadien zum Riesenchor gemacht hat.

Seit fünf Jahrzehnten lautet seine Botschaft: Singen macht glücklich und dient der Gesundheit. In diesen Tagen spricht er oft darüber. Das Interesse der Medien an seinem Neunzigsten ist enorm. Von „Brisant“ bis zur „Tagesschau“ – alle wollen ihn haben. Nur im kleinen Kreis wird er am 11. Februar seinen Geburtstag in aller Ruhe feiern, weil davor und danach genug Stress ist. Von seinen Chören wird er separat geehrt. „Es geht ihm gerade sehr gut“, freut sich seine Agentin Esther Müller.

Die falsche Queen beim Chorkönig in der Schleyerhalle

Nach einer OP an der Halsschlagader, nach Reha-Aufenthalten und nicht vertragenen Medikamenten fühlt sich der Dirigent mit dem Jopie-Heesters-Gen so prächtig wie seit Jahren nicht mehr. Esther Müller, die seit 1972 bei ihm singt und ihn seit 1994 managt, hat einen großen Anteil daran. Mit Nahrungsergänzungspillen hält sie ihn fit. Das zweite, vielleicht noch wichtigere Wundermittel zum Jungbleiben ist Musik.

Am Samstag bekommt Helene Fischer ihre Siegerurkunde hinter der Bühne vom örtlichen Konzertveranstalter überreicht. Fünfmal nacheinander ist die Schleyerhalle ausverkauft – das ist neuer Rekord. Tina Turner hat es 1987 viermal geschafft. Auch Gotthilf Fischer hat Hallengeschichte geschrieben. Im Eröffnungsjahr 1983 probte er hier mit seinen Chören vor Fernsehkameras. Plötzlich fuhr eine Limousine mitten in den Innenraum hinein. Aus dem Auto stieg eine Dame mit Hut, die alle erstarren ließ – es war ein Double der Queen. Fischer ließ weitersingen, um den Gag von „Verstehen Sie nicht Spaß?“ nicht kaputt zu machen.

Putzfrau Elfriede Schäufele live beim SWR-Fasching

Als fiktives Mitglied der Fischer-Chöre wird Michael Panzer als Raumpflegerin Elfried Schäufele am Sonntag in der Live-TV- Sendung „Schwäbische Fasnet“ in Donzdorf auftreten. Zum Faschingsstar ist die Schäufele, der vielleicht größte Fan von Gotthilf Fischer, geworden, während Panzers Frl. Wommy Wonder nicht vom SWR-Fernsehen gebucht wird. Wenn schon Travestie, dann im Putzfrauenfummel. „Solche Livesachen sind bei mir wie Prüfungen beim Staatsexamen“, sagt Panzer. „Da hab’ ich Puls auf 180, Adrenalin bis zum Anschlag und einen Tunnelblick de luxe.“

Gut gepolstert ist das Witze-Repertoire, aus dem der 50-Jährige schöpfen kann. Andrea Berg kommt darin vor. Einen Songtext von ihr will Panzer nicht kapieren. „Du hast mich tausendmal belogen, wer schreibt denn so was?“, fragt er als Wommy in der Show. „Wenn mich einer zweimal verarscht, ist er raus aus dem Rennen.“ Der Parkwächter vom Wasen ist noch im Rennen. Seine Andrea Berg wird als Helene Fischer Abend für Abend zum Glücksbringer. So viele zufriedene Gesichter sollte sich der Mann mal von einem VfB-Heimspiel wünschen.