Die Kinder verbringen einen Teil ihrer Ferien auf der Jugendfreizeit und bei der Oma. Doch was sollen Mama und Papa mit der vielen freien Zeit bloß anfangen?
Es ist erstaunlich, wie viele anerkennende und auch neidische Blicke ich in den vergangenen Wochen auf mich gezogen habe. Mütter und Väter haben mich äußerst interessiert gefragt: „Wie hast du denn das hinbekommen?“ Gerade so, als hätte ich unser Haus im Alleingang komplett renoviert und nebenher noch einen neuen, erfolgreichen Instagramkanal mit Ausgehtipps für Paare eröffnet.
Worin meine großartige Leistung bestand? Dank Jugendfreizeit und Hotel Oma habe ich meinem Mann und mir 14 Tage kinderfreie Zeit organisiert. Und ganz leicht war das tatsächlich nicht. Denn eines der ursprünglich ins Auge gefassten Ferienangebote war bereits eine Stunde nach Eröffnung der Anmeldung ausgebucht. Ich war nach einer Stunde und sieben Minuten vor Ort und ergatterte Platz vier auf der Warteliste. Damit lässt sich natürlich nicht so viel anfangen.
Schließlich wollte ich nicht darauf vertrauen, dass vier Kinder wieder abspringen, sodass wir zum Zug kommen. Die wenig taktvolle Frage meines Mannes am Abend dieses Misserfolgs: „Ja, warst du zu spät, oder was?“ Ja, war ich. Ich habe ja auch noch andere Dinge zu tun, als die Ferien der Kinder zu planen. Soll er sich doch beim nächsten Mal selbst gefälligst kümmern...
Im Haus ist es gespenstig ruhig
Egal, wir haben eine sehr gute Alternative gefunden und nun schon die zweite Woche kinderfrei. Zugegeben, ein bisschen ungewohnt ist das schon. Das Haus ist gespenstig ruhig, bei den Mahlzeiten fehlen die Gesprächsthemen, und die Tage sind so lang, dass man Zeit zum Nachdenken hat. Und was für Gedanken kommen einem da in den Sinn? Zum Beispiel der: Hoffentlich hält das Zelt dicht, wenn es auf der Jugendfreizeit nachts regnet. (Hat es nicht, nach Aussagen der Tochter ist sie zweimal in einer Pfütze aufgewacht.) Oder: Hoffentlich bleibt das Kind nicht so lang im kalten See und wird dann krank. (Ja, ich weiß, wir haben das alle gemacht, als wir jung waren, und wir haben es überlebt.) Oder aber: Hoffentlich bekommt das Kind genug zu essen. (Rational gesehen ein völlig abwegiger Gedanke. Jedenfalls kann ich mich an keine Schlagzeile erinnern, wonach Kinder bei Jugendfreizeiten im Ländle hätten hungern müssen.)
Nun, da die erste Woche überstanden und beide Töchter wohlbehalten bei der Oma angekommen sind, brauche ich mir solche Sorgen nicht mehr zu machen. Womit ich meine viele freie Zeit jetzt verbringe? Ganz einfach: Ich renoviere das Haus und sammle Ausgehtipps für einen neuen Instagramkanal. Okay, das ist jetzt leicht übertrieben. Aber ich habe mit meinem Mann das Wohnzimmer umgeräumt, und wir haben uns im Internet über das Kinoprogramm informiert. Zu mehr hat es noch nicht gereicht. So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass wir das mit der freien Zeit noch ein bisschen üben sollten, bevor die Kinder womöglich ausziehen und uns allein zurücklassen. Ein paar Jahre haben wir da ja noch.
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Alexandra Kratz hat zwei Töchter, die mitten in der Pubertät stecken. Allzu oft erkennt sie sich dabei in ihren eigenen Kindern wieder.