Die Sportpolitik in Baden-Württemberg glänzt nur selten durch Ruhmestaten. Aber zur Unterhaltung trägt sie zweifelsohne bei. Foto: dpa

Die baden-württembergische Sportpolitik glänzt selten durch Ruhmestaten, aber sie trägt immer mal wieder zur Unterhaltung bei, meint unser Sportchef Gunter Barner. Vor allem dann, wenn ein kleinkarierter Streit zwischen Baden und Württemberg um einen Posten im SWR-Rundfunkrat ausbricht.

Stuttgart - Es ist ein Dilemma der Politik, dass sie bisweilen Entscheidungen trifft, die vom wirklichen Leben so weit entfernt sind wie manche Volksvertreter von jenen, die sie dazu gemacht haben. Ein Ärgernis, das sich gelegentlich auch unter den hochrangigen Vertretern des Sports in Baden-Württemberg verbreitet wie ein Grippevirus im Winter. Dann legt sich der Urinstinkt des landsmannschaftlichen Ressentiments epidemisch über Diskussionen, die tiefgreifender Auseinandersetzungen eigentlich nicht bedürfen. Und wie jetzt mündet ein Streit um die paritätische Besetzung lukrativer Posten im SWR-Rundfunkrat im einstweiligen Abbruch diplomatischer Beziehungen.

Seit Tagen weht wieder ein eisiger Wind aus Süden in Richtung Stuttgart. Entfacht von dem nicht mehr so ganz unumstrittenen Christdemokraten Gundolf Fleischer (71), der als Präsident des Badischen Sportbundes Freiburg seine Latifundien so furchtsam verteidigt, als drohe Napoleon noch einmal den Rhein zu überschreiten.

Badischer Shitstorm im schwäbischen Web

Weil künftig zwei Württemberger die Belange des Sports im Rat von Funk und Fernsehen vertreten, flutete ein badischer Shitstorm das Web der schwäbisch-kundigen Sportkameraden. Und die Seite im Sitzungsprotokoll des Landessportverbands Baden-Württemberg (LSV), die sämtliche Verbalinjurien unter den präsidialen Streithanseln dokumentierte, musste des guten Anstands wegen gestrichen werden. Jetzt endet die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses mit der friedenstiftenden Feststellung: „Es schloss sich eine intensive Diskussion an.“

Befeuert wurde sie dem Vernehmen nach zuvorderst von dem altgedienten Demokraten Gundolf Fleischer, der in das schriftliche Umlaufverfahren zur Abstimmung zwar eingewilligt hatte, das Ergebnis dann aber so sehr schätzte wie einen Besuch beim Zahnarzt: Als Nachfolgerin des alters halber ausgeschiedenen Badeners Rudi Krämer wurde Margarete Lehmann in die mit monatlich 600 Euro dotierte Vertretung im Rundfunkrat gewählt.

Was insofern logisch erscheint, weil der Rundfunkstaatsvertrag verlangt, dass eine Organisation immer dann ein Männlein und ein Weiblein entsendet, wenn sie zwei Sitze belegen darf. Einen Sitz nimmt Klaus Tappeser ein, Präsident des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) dortselbst, und schon deshalb kein Mitglied im Freundeskreis der südbadischen Separatisten um Fleischer.

Dumm aus badischer Sicht: Lehmann ist in Württemberg verortet

Lehmann, Chefin des Sportkreises Tuttlingen, fungiert als Frauenvertreterin im Landessportverband Baden-Württemberg und ist Vorstandsmitglied im Württembergischen Fußballverband (WFV). Selbst hartleibige Verfechter der Herrenrunden im Sport bestätigen ihr fachliche Kompetenz und das Maß an Hornhaut auf der Seele, das einen Sport-Funktionär vor gewöhnlich rasch einsetzenden Frustrationen schützt. Dumm ist aus badischer Sicht nur, dass die Dame sportpolitisch in Württemberg verortet ist. Und da ist es eben nicht mehr als ein Kanzlei-Trost, dass sie in Seitingen-Oberflacht zu Hause ist, also im Bereich des Regierungspräsidiums Freiburg.

Wahrscheinlich wäre das Votum der 15 LSV-Präsidiumsmitglieder (9:6 für Lehmann) auch verbal unangefochten geblieben, hätte die badische Fraktion im Gremium unter Führung des notorisch aufständischen Sportskameraden Fleischer die Lage nicht fundamental verkannt: Ihre Kandidatin, noch rasch aus Nordbaden entsandt, fiel wider Erwarten durch. Was die geschundenen sportpolitischen Seelen aus Freiburg als grobes Foul der Spätzles-Fraktion in der LSV-Spitze notierten. Schlimmer wäre lediglich, wenn am Kaiserstuhl nur noch Trollinger angebaut werden dürfte.

Bis auf weiteres, so ist jedenfalls zu hören, beschränkt sich die Kommunikation zwischen den Sportgewaltigen aus Baden und Württemberg auf knappe Mails und kurz gehaltene Anrufe. Fleischer und die Seinigen, so wird vermutet, feilen unterdessen an der Strategie ihres sportpolitischen Konters. Der alerte CDU-Mann plant den Frontalangriff auf die LSV-Spitze. Als Vizepräsident schielt er angeblich auf das neu zu schaffende Ressort Leistungssport. Dazu freilich muss erst die Satzung geändert werden. Etwa so: „Die Wahl eines Württembergers wird kategorisch ausgeschlossen.“