Die Sondermarke für den Circus könnte Schule machen. Foto: BW-Post

Frühlingsgefühle in den Rathäusern: Allerorten ergreifen die Führungskräfte die Flucht. Was könnte dagegen helfen? Unser Kolumnist Rafael Binkowski macht sich dazu Gedanken.

Ludwigsburg - Das Frühjahr schwappt über unseren schönen Landkreis. Zeit zum Ausmotten und Großreinemachen. In den Rathäusern herrscht derzeit allerdings oft das Gegenteil von Frühlingsgefühlen, es regiert der Herbstblues. Etwa im Ludwigsburger Rathaus – dort baut der Sonnenkönig sein Lieblingsreferat für nachhaltige Stadtentwicklung kräftig um und verschleißt dabei einen engen Mitarbeiter. Eine Stufe darunter, im Management für die Veranstaltungshallen, trennt man sich vom Technikleiter, der mit nahezu winterlicher Kälte aufgetreten sein soll.

Oder auch im Rathaus von Hemmingen: Dort ist nach sachter Kritik im Gemeinderat einfach so Knall auf Fall der Bauamtsleiter gegangen. Puff, weg ist er. Völlig überrumpelt ist davon der recht umgängliche Bürgermeister Thomas Schäfer, der seinen Mitarbeiter mit dem Frühling von dannen ziehen sieht. In Remseck hat den Baubürgermeister Karl Velte die Flucht ergriffen – und der OB Dirk Schönberger erklärt treuherzig, es sei auf keinen Fall wegen ihm.

Eine Briefmarke hält alles fest

Auch in Mundelsheim und in Gemmrigheim sagen die Bürgermeister nach 16 und 24 Jahren: Ciao, genug Diskussionen über Feldwegabschnitte, Flächennutzungspläne und Blasmusikfeste am Sonntag – und genießen lieber die Frühlingssonne.

Wo nun alles im Wandel ist, hat man in Ludwigsburg ein Zeichen der Beständigkeit gesetzt. Im Blühenden Barock soll im Sommer wieder der Circus Roncalli auftreten – wovon der umtriebige Blüba-Chef Volker Kugel und die Zirkusmanager so begeistert sind, dass sie sich bei der gemeinsamen Vorstellung zur Saisoneröffnung schier überschlagen haben. Damit das nun auch für immer und alle Ewigkeit gerahmt und festgetackert ist, hat man gleich eine Sonderbriefmarke herausgegeben – mit dem Circus Roncalli im Blüba als Motiv. Eine Hommage auch an den Roncalli-Gründer Bernhard Paul, der laut Eigenwerbung „den Zirkus revolutioniert“ habe. Auf dass man noch in vielen Jahren noch dieser historischen Liaison gedenkt.

John Patrick als Niko Kovac des Basketballs

Da würden uns doch noch ganz andere Briefmarkenmotive einfallen. Wie wäre es mit den MHP-Riesen, diesen hochgewachsenen Basketballern, die in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg eilen? Der Trainer John Patrick wird schon als Niko Kovac der Basketball-Bundesliga gefeiert. Bevor Patrick wie sein Pendant im Rausch des Frühlings zu den Bayern abwandert – zack, auf die Briefmarke, Erinnerung konserviert und moralischer Druck aufgebaut.

Bleiben wir beim Sport: Der Bietigheimer OB Jürgen Kessing ist ja seit neustem Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Wie wäre es mit einer Sondermarke für den Sozialdemokraten? „Ewiger Bürgermeister“ als Schriftzug – und die Doppelstadt hätte vielleicht ihre Sorge los, den umtriebigen Rathauschef irgendwann ganz an den Spitzensport zu verlieren.

Manche hätte man auch gerne los

Manchen Personen würde man auch liebend gern im Frühlingsrausch eine gute Reise wünschen – doch diese würden sich eher selbst eine Briefmarke zeichnen, um ihre eigene Unersetzlichkeit zu unterstreichen. Zum Beispiel Dauerkandidaten bei Bürgermeisterwahlen wie Fridi Müller, die mit ihrer wirren Agenda in Bönnigheim sagenhafte 1,2 Prozent erreicht hat.

Manchmal kommt man bei einer Reise aber auch unerwartet nicht so an wie gedacht. So etwa bei einer Schiffsreise mit dem Näckar-Käpt’n von Cannstatt nach Ludwigsburg, bei der über nachhaltige Mobilität und den Nahverkehr diskutiert werden. Doch an dem Tag wurde gestreikt – und zwar genau bei dem so hoch gelobten Nahverkehr. Murphys Gesetz sozusagen.