Simon (links) und Philipp spielen Schach wie Erwachsene. Foto: Judith A. Sägesser

Sechs Grundschüler aus Plieningen fahren das erste Mal zur Deutschen Schulschachmeisterschaft. Diese ist vom 8. bis 11. Mai in Thüringen. Am Schachbrett benehmen sich die Kinder wie kleine Erwachsene.

Plieningen - Simon eröffnet sizilianisch. Es dauert keine zwei Minuten, bis er „Schachmatt“ sagt. Sein kleiner Kontrahent David ärgert sich, „ich muss besser werden und darf nicht immer so hetzen“, sagt er, mehr zu sich selbst. Dann gewinnt er vielleicht mal gegen Simon, einen der Besten.

Simon ist acht, David neun. Einmal die Woche treffen sie sich mit anderen auf ein paar Partien Schach. Das Spielen ist das eine, das andere die Theorie. In den 45 Minuten ist auch Simona Gheng dabei, die Schachlehrerin schult die Plieninger Grundschüler in Taktik und Strategie. Das Thema diese Woche: Matt setzen.

Die Kinder sprechen die Schachsprache

Treppenmatt, Schäfermatt, ersticktes Matt – den Wortschatz des Spiels der Könige haben die Jungs drauf. Die Grundschüler sitzen an Tischen, die für Erwachsene so hoch sind wie Stühle. Doch das, was auf dem Brett passiert, ist alles andere als Kinderkram. Die Jungs aus der Plieninger Schulschach-AG fachsimpeln wie kleine Erwachsene. „Schach hat eine eigene Sprache“, sagt Simona Gheng. „Ich finde es sehr faszinierend, dass sie die schon so beherrschen.“ Nur an den letzten Zügen der Partien müssen Simon und seine Freunde unbedingt noch feilen. „Sie spielen schön und gut, und aus meiner Sicht ist die Partie gewonnen, aber sie schaffen es nicht, Matt zu setzen“, sagt die Lehrerin. Ohne Matt gibt’s allerdings keinen Titel. Und deshalb üben die Jungs noch mal kräftig, bevor es zur Deutschen Schulschachmeisterschaft für Grundschüler in Thüringen geht. Das erste Mal.

Dass sich die sechs Jungen aus der Plieninger Schulschach-AG qualifiziert haben, hat auch Simona Gheng überrascht. „Ich hatte die Körschtalschule eigentlich gar nicht auf dem Radar“, sagt sie. Bei der Deutschen Meisterschaft war sie derweil schon dreimal – mit anderen Kindermannschaften. Simona Gheng, die selbst bereits als Fünfjährige Turniere gespielt hat, unterrichtet 18 Gruppen in der Region Stuttgart. Über die Auftragslage kann sie sich nicht beschweren. „Schach in der Schule boomt“, sagt sie.

Die Körschtalschüler sind durchgestartet

Anfang dieses Jahres sind die Plieninger Grundschüler durchgestartet. Im Februar wurden sie erst Bezirksmeister, im März Zweiter sowohl bei den Nordwürttembergischen als auch den Württembergischen Meisterschaften. Das war ihre Eintrittskarte zum bundesweiten Wettbewerb.

Die Deutsche Meisterschaft dauert vom 8. bis zum 11. Mai. „Es wird schwierig“, sagt Simona Gheng. Wenn die Körschtalschüler auf der Siegerliste hinterher in der ersten Hälfte stehen, wäre die Schachlehrerin vollauf zufrieden. Doch auch dafür müssen die Jungen das Mattsetzen beherrschen.

Mädchen finden Tanzen vermutlich spannender

Dass übrigens nur Jungen zur AG kommen, liegt vermutlich daran, dass Mädchen in diesem Alter Tanzen oder Singen spannender finden. Die Jungs wiederum kommen aus eigenem Antrieb. „Von den Eltern spielen viele kein Schach“, sagt die Lehrerin. „Die Kinder spielen aus Überzeugung.“ Einige spielen zusätzlich in einem Verein, und manche wollen Übungen für zu Hause.

An jenem Mittag hat Simona Gheng Blätter verteilt. Die Aufgabe lautet: Matt in einem Zug. Die Kinder müssen Pfeile einzeichnen. Danach schart Simona Gheng die Jungs um sich und bespricht Mattszenen, Fallen und Eröffnungen. „90 Prozent der Kinder bei der Deutschen Meisterschaft spielen Italienisch“, sagt sie. „Das ist langweilig.“ Die Jungen kichern, als hätte einer von ihnen ein Mädchen geküsst. „Was ist besser, als eine Dame zu gewinnen?“, fragt die Lehrerin. „Matt zu setzen“, sagt David und macht einen Zug. Die Antwort stimmt, der Zug nicht. Simona Gheng rügt David, weil er, wie immer, schnellschnell macht. Dann ist der Nächste dran.

Wer fertig ist, darf eine Partie spielen. So wie Simon und David. David hat sich vorgenommen, aufmerksamer zu sein. Simon ist irgendwann nicht mehr richtig bei der Sache. David gewinnt die Oberhand. „Freu dich“, sagt Simon. „Ich pass grad gar nicht mehr auf.“ Gewonnen hat hinterher aber doch Simon, er ist eben einer der Besten.