Sommerzeit ist Badezeit: Was in anderen Flüssen ohne Probleme möglich ist, sollten die Plieninger in der Körsch lieber unterlassen. Foto:  

Es ist noch nicht allzu lang her, da gelangten Toilettenabfälle in die Körsch bei Plieningen. Als es ein paar Tage später so heiß war, haben teils Kinder in dem Bach gebadet. Anwohner der Körsch machen sich deshalb Sorgen.

Plieningen - Frau R. geht jeden Morgen mit ihrem Hund an der Körsch in Plieningen spazieren. Als sie vor ein paar Tagen nach ihrem Urlaub zur Alltagsroutine zurückkehrte, traute sie ihren Augen und ihrer Nase kaum: „Ich hatte das Gefühl, neben einer Toilette zu stehen, die seit zehn Jahren nicht mehr geputzt worden ist“, erzählt die Anwohnerin. Die Körsch stank zum Himmel. Frau R. macht sich Sorgen. Zumal sie während der heißen Tage immer wieder Kinder in dem Bach planschen sah.

Vor ein paar Wochen lief das noch recht neue Regenüberlaufbecken nahe der Paracelsusstraße über, und allerlei sanitärer Abfall wie Klopapier und Hygienebinden landeten in der Körsch. Also kein guter Ort für Kinder, um sich abzukühlen. „Viele Eltern, die es nicht wissen, lassen ihre Kinder da spielen“, sagt R. Kein Wunder, auf den ersten Blick sieht das Wasser des Bachs sauber aus.

Doch wer von der Paracelsusstraße aus flussabwärts läuft, dem bietet sich ein anderes Bild. Hie und da hängt Klopapier im Gestrüpp am Gestade – und ein unangenehmer Geruch in der Luft. „Es riecht wie in einem Toilettenhäuschen“, sagt R. Ihre eigenen vier Kinder dürfen deshalb nicht mehr in der Körsch baden. Ihre Freundin Sonja Hermann, die ebenfalls an der Körsch wohnt, erzählt: „Früher schwammen hier immer Forellen. Die sieht man gar nicht mehr.“

Baden auf eigene Gefahr

Ekkehardt Schäfer, der Leiter der Abteilung Entwässerung beim städtischen Tiefbauamt, sagt: „Es herrscht generell kein Badeverbot, das Baden geschieht eigenverantwortlich.“ Trotzdem warnt Schäfer davor, in der Körsch zu schwimmen.

Vom Baden wird übrigens nicht nur an der Körsch abgeraten. Vor Kurzem warnte beispielsweise das Landratsamt Tübingen vor Schwimmausflügen im Neckar. Offiziell sei der Fluss nicht als Badegewässer eingestuft, da er die mikrobiologischen Qualitätskriterien der entsprechenden Verordnung nicht erfülle. Bei Untersuchungen seien Überschreitungen von Grenz- und Richtwerten, insbesondere im Zusammenhang mit Fäkalkeimen, festgestellt worden, schreibt die Behörde.

Foto: privat

In Plieningen gibt es einen Anlass für die Verschmutzung. Seit Anfang 2014 fließt Abwasser durch das Regenüberlaufbecken, es wird in einem Kanal zur Kläranlage geleitet. Regenwasser wird aufgefangen und gelangt durch einen zweiten Abfluss in die Körsch. Weil Bauschutt einen Abfluss verstopft hatte, lief das Becken über, und nicht nur das Regen-, sondern auch das Abwasser gerieten in den Bach. Wie der Bauschutt in das Becken gelangte, ist laut der Stadt unklar. Der Rohbau des Beckens ist fertig, allerdings fehlt nach wie vor die technische Ausstattung, die solche Zwischenfälle künftig verhindern soll. Anfang 2016 soll sie montiert werden.

Schmutzige Körsch war kurz Thema

Es waren Bürger, die die Stuttgarter Stadtentwässerer vor Kurzem auf das Problem an der Körsch aufmerksam gemacht haben; die Stadt reinigte daraufhin das Becken und die Körsch. „Wir werden es jetzt auch stärker anschauen, um rechtzeitig reagieren zu können“, verspricht Ekkehardt Schäfer. Auch bei der Juni-Sitzung der örtlichen Bezirksbeiräte war die schmutzige Körsch kurz ein Thema.

Frau R. und ihr Mann tun sich schwer, die Planungen der Stadt für das Becken nachzuvollziehen. „Ich verstehe nicht, warum die Technik erst zwei Jahre später eingebaut wird“, sagt er. „Wie kann etwas in Betrieb genommen werden, das noch nicht funktioniert?“, sagt sie. Fakt sei: Die Körsch sei dreckiger, seit es das Becken gibt. „Es ist ja eigentlich für den Schutz des Wassers gebaut worden. Jetzt ist das Gegenteil der Fall“, sagt Frau R. Auch wenn der Plieningerin das alles stinkt, geht sie weiter mit ihrem Hund an der Körsch spazieren. „Es ist schade“, sagt sie. „Da zieht man in ein kleines Dorf, um Natur zu haben, und dann wird alles kaputtgemacht. Hoffen wir mal, dass das Becken wenigstens funktioniert, wenn es einmal fertig ist.“