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Bundesverband für Körperspende wirbt bei Körperwelten-Schau in Ludwigsburg um Mitglieder.  

Ludwigsburg - Soll man seine Organe nach dem Tod einem Kranken spenden oder nicht? Und wenn ja, welche Organe? Die bundesweit rund 8000 Mitglieder eines speziellen Vereins spenden nicht nur Organe, sondern gleich alles: ihren ganzen Körper.

Die Besucherströme vor den Kassen der Ludwigsburger Arena halten sich in Grenzen. „Der riesige Hype um die Körperwelten-Ausstellung ist in den vergangenen Jahren etwas abgeklungen, aber das Interesse ist nach wie vor sehr groß“, sagt Ausstellungsleiter Jan Keller. Mehr als 100.000 Besucher haben die umstrittene Ausstellung schon besucht, seit sie Ende Juni nach Ludwigsburg kam. Bis zum Ende der Schau am 20. September rechnet Keller mit mehr als 150.000 Interessierten. Die Tatsache, dass sowohl Begeisterung als auch Entrüstung über Gunther von Hagens‘ Ausstellung toter und plastinierter Körper nachgelassen haben, erklärt der Ausstellungsleiter so: „Die eigentliche Idee von Hagens‘, nämlich die Demokratisierung der Anatomie, hat in den vergangenen Jahren gegriffen, auch die Auseinandersetzung mit toten Körpern findet nun nicht mehr im Verborgenen statt.“

Eine Einstellung, die für Heinz Hölscher nichts Neues ist. Seit zehn Jahren ist der 68-Jährige Mitglied im Bundesverband der Körperspender e.V. (BdK) mit Sitz in Berlin. Damit hat sich der Münsterländer verpflichtet, seinen gesamten Körper nach seinem Tod für die Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. „Ich habe jahrelang in der Krankenpflege gearbeitet und damit gewissermaßen schon zu Lebzeiten der Wissenschaft gedient – also kann ich das doch auch nach meinem Tod tun“, sagt Hölscher.

„Finden Sie es schöner, sich nach dem Tod von Würmern zerfressen oder sich verbrennen zu lassen?"

Was man dann mit seinem Körper anstelle, sei ihm letztlich egal, er spüre es ja ohnehin nicht mehr. Für ihn sei die Vorstellung nicht schlimm, sich nach seinem Ableben plastinieren und möglicherweise in einer Ausstellung zeigen zu lassen. Im Gegenteil: „Finden Sie es schöner, sich nach dem Tod von Würmern zerfressen oder sich verbrennen zu lassen?“, fragt er Ausstellungsbesucher, die am Informationsstand des BdK haltmachen und ihm skeptisch zuhören. Für ihn sei jedenfalls ganz klar gewesen, dass seine Familie weder viel Geld für sein Begräbnis und die jahrzehntelange Grabpflege ausgeben solle, noch dass jemand die Verpflichtung habe, sein Grab besuchen zu müssen. „Mein Sohn lebt 400 Kilometer entfernt von mir, was haben wir beide denn davon, wenn er mir ein Mal im Vierteljahr einen schönen und großen Blumentopf auf meinen Kopf stellt?“

Für Hölscher ist es wichtig, seinen Körper – beziehungsweise das, was nach dem Tod noch davon übrig ist – den Medizinstudenten zur Verfügung zu stellen. Nur so könnten diese die menschliche Anatomie auch wirklich studieren und könnten Laien – etwa Ausstellungsbesucher – auch vieles über den menschlichen Körper lernen, findet er. Allerdings, das betont er ausdrücklich, sei man als Körperspender automatisch auch Organspender. Wenn er also etwa einen Unfall habe und klar sei, dass seine Organe auch nach seinem Tod noch zu gebrauchen seien, würden ihm diese sofort entnommen und als Spende einem anderen Menschen eingepflanzt. „Ich finde, dass sich die Menschen allmählich mehr Gedanken darüber machen sollten, was sie nach dem Tod Sinnvolles mit ihrem Körper anstellen können“, sagt der 68-Jährige.

Das Alter der Vereinsmitglieder reicht dabei von zwei bis 90 Jahren

Seit 1999 gibt es den Bundesverband der Körperspender. Nach Vereinsangaben gehören dem BdK weltweit 12.000 Mitglieder an, davon allein in Deutschland 8000. Einige wenige Mitglieder kommen aus Österreich und der Schweiz. Alle „gespendeten“ Körper werden nach dem Tod an das Institut für Plastination (IfP) in Heidelberg überführt, das 1993 von Gunther von Hagens gegründet wurde. Dort werden sie plastiniert und Ärzten für ihre medizinische Aus- und Fortbildung zur Verfügung gestellt oder sogar für die Körperwelten-Ausstellung verwendet. Das Alter der Vereinsmitglieder reicht dabei von zwei bis 90 Jahren. „Bei dem zweijährigen Kind mussten die Eltern allerdings eine Erklärung unterschreiben, dass es mit 18 Jahren selbst darüber entscheiden darf, ob es Körperspender bleiben möchte oder nicht“, sagt Hölscher.

Die Beschäftigung mit dem Tod und dem Jenseits ist für Hölscher wichtig, doch seine Meinung dazu findet nicht bei allzu vielen Ausstellungsbesuchern Gehör oder trifft gar auf Verständnis. „Nein, ich könnte mir niemals vorstellen, mich hier in einer solchen Ausstellung als Exponat wiederzufinden“, sagt etwa ein junger Mann und schüttelt bei dieser Vorstellung entsetzt den Kopf. Auf Hölschers Frage, warum eine Körperspende für ihn nicht in Frage käme, antwortet der Besucher spontan: „Weil ich möchte, dass meine Angehörigen die Chance haben, nach meinem Tod richtig um mich zu trauern und mich an meinem Grab zu besuchen.“

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