Die Richter selbst haben das letzte Wort was Verfahren angeht. Foto: Archiv (dpa

Die Maßnahmen reichen bis zu verschlossenen Türen. Strafverteidiger können dadurch auf Zeit setzen.

Marbach/Ludwigsburg - Haftsachen, unaufschiebbare Verfahren und Verfahren, die schon länger liegen – sie alle sind dringend. Was in Zeiten von Corona aufgeschoben und was verhandelt wird, entscheidet nach Informationen der Verwaltungsleitung am Ludwigsburger Amtsgericht aber immer noch jeder Richter selber. Die Amtsgerichte im Landkreis Ludwigsburg reagierten unterschiedlich auf die Anweisung des Ministeriums, den Publikumsverkehr auf das Nötigste zu beschränken. Und die Strafverteidiger sehen in der von oben verordneten Viruspause auch Vorteile. Sie können auf Zeit spielen, wenn Verhandlungen wieder von vorne beginnen müssen, weil Zwischentermine nicht eingehalten werden.

Am Amtsgericht Marbach hat sich die Direktorin Ursula Ziegler-Göller schon Anfang vergangener Woche für die nächsten sechs Wochen verabschiedet. Die Eingangstüre ist verschlossen und mit dem Hinweis versehen, Anträge auf eine Rechtsberatung könnten nicht mehr persönlich aufgenommen werden. Beratungshilfebescheide gebe es vorübergehend keine mehr. Wer unbedingt persönlich vorsprechen müsse, solle die 0 71 44 / 8 55 70 wählen – in Eilfällen werde der Zugang zu einem Rechtsanwalt möglich gemacht. Gerichtsverhandlungen führt das Marbacher Amtsgericht bis zum 19. April nur in dringenden Fällen durch, insbesondere in Haftsachen, bei ermittlungsrichterlichen Tätigkeiten, Eilsachen und langlaufenden Strafverfahren. Eine persönliche Vorsprache ist nicht mehr möglich, heißt es von der Verwaltung. Ausnahmen mache das Gericht bei feststehenden Terminen und den öffentlichen Verhandlungen, die nicht verschoben werden können.

„Wegen Coronavirus ab Dienstag eingeschränkter Dienstbetrieb“: Dieser Zettel hängt seit Dienstag vergangener Woche auch an der Eingangstüre des Amtsgerichts Ludwigsburg. Der Zutritt und Aufenthalt sei „nur in begründeten unaufschiebbaren Fällen“ gestattet und gelte insbesondere für die Verhandlungsteilnahme von Angehörigen und Besuchern. Die Rechtsantragsstelle nehme nur dringende Erklärungen und Fristsachen entgegen. Der Verwaltungsleiter, Uwe Rolfs, der den Zettel auf Anordnung des Ministeriums an die Türe hängen lassen musste, kam zwar zur Arbeit wie jeden Tag – jedoch mit dem Gedanken, was wohl aus den ganzen verschleppten Verfahren wird und wie es im Gericht zugeht, wenn die Viruspause aufgehoben wird. Bis dahin stehen im Gebäude nach der Eingangspforte der Wachtmeister und vor den Sälen Desinfektionsmittel, Papiertücher und eine Anleitung, wie man sich in sechs Schritten die Hände desinfizieren soll.

Auch beim Amtsgericht Besigheim ist der Publikumsverkehr nicht mehr möglich. Anträge stünden zum Download bereit. Soweit öffentliche Verhandlungen stattfinden müssten, werde das Gebäude für die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit geöffnet. Im Saal müsse aber ein Sitzabstand eingehalten werden.