Andere sind in dem Alter im Ruhestand. Für König Charles, der am 14. November seinen 74. Geburtstag feiert, hat das Berufsleben erst richtig angefangen. Foto: dpa/Andrew Milligan

Ende der Flitterwochen: Zwei Monate lang hat Charles III. seine neue Rolle als König genießen dürfen. Jetzt kommen die ersten Probleme auf ihn zu. An diesem Montag feiert er seinen 74. Geburtstag

Einen durchweg guten Start hat König Charles gehabt, seit er seine Mutter im September beerbte. Als ernsthafter neuer Monarch, als seriöses Staatsoberhaupt präsentiert er sich der Nation: ungezwungen im Umgang mit Regierungschefs und Regierten und doch fest auf die ihm zugefallene Rolle konzentriert.

Nicht einmal davon, dass gleich zwei Premierminister ihm den Weg zum Weltklimagipfel verstellten, hat sich Britanniens „grüner König“ zu kritischen Äußerungen provozieren lassen. Charles berief einfach einen eigenen Klimagipfel im Vorfeld von COP27 ein, mit einem großen Empfang im Buckingham-Palast und mit Regierungschef Rishi Sunak als Gastredner, so dass niemand dem König Sabotage unterstellen konnte.

Die Royals warten nervös auf Prinz Harrys Buch

Nun findet sich der Monarch vor anderen, vielleicht größeren Herausforderungen. Im Januar sollen die Memoiren seines ihm entfremdeten jüngeren Sohnes Harry auf den Markt kommen, ein Riesenrummel. „Spare“ hat der Prinz das 416-Seiten-Opus betitelt: Eine Anspielung darauf, dass der Erste und Zweite in der britischen Thronfolge oft etwas despektierlich „heir and spare“, Erbe und Ersatzmann, genannt werden.

Als wenig geschätztes Ersatzteil fürs Räderwerk der Royals, als in jeder Hinsicht benachteiligt hat sich Harry offenbar zeitlebens gesehen. Nach der Geburt der drei Kinder seines älteren Bruders William ist der Königssohn mittlerweile freilich abgerutscht auf Thronfolgeplatz fünf. Doch nervös ist man schon bei den Windsors über das, was der mit Frau Meghan in die USA abgezogene Harry über die „Daheimgebliebenen“ zu sagen hat – zumal Harry seinem Vater bereits vorgeworfen hat, ihn ignoriert zu haben, als er auf Hilfe angewiesen war.

Die Netflix-Serie „The Crown“ verärgert das Königshaus

Eine „haargenaue und in allem wahre Darstellung meines Lebens“ liefere er in „Spare“, das hat Harry schon beteuert. Sein Verlag spricht von der „ungeglätteten, unerschrockenen Ehrlichkeit“ des Autors. Millionenbeträge überall in der Welt soll das Buch einspielen. Bei den Vorbestellungen steht es schon jetzt auf Platz eins.

Am Mittwoch dieser Woche sah sich König Charles mit einem Medienereignis anderer Art konfrontiert, das seine Autorität beschädigen könnte. Denn mit ihrer fünften Staffel bringt sich die Netflix-Show „The Crown“ in Erinnerung. In den ersten vier Staffeln hatte sich das Drama ums britische Königshaus, das seit 2016 weit über die Britischen Inseln hinaus zum Streamingschlager wurde, mit dem Werdegang Queen Elizabeths, der Familienstory und allerlei Vorgängen bei Hofe beschäftigt, bis zur unglückseligen Ehe von Charles und Diana.

In Teil fünf geht es um die gescheiterte Ehe mit Diana

Nun, in Teil fünf, geht es ans Eingemachte – an den spektakulären Zerfall dieser Ehe, an Charles’ Verhältnis mit Camilla, an Dinge, die angeblich gesagt wurden in diesem und anderem Zusammenhang. Das Wort „angeblich“ ist dabei groß zu schreiben. Bislang hat Netflix ja immer erklärt, „The Crown“ sei „ein Drama, das auf historischen Ereignissen basiert“.

Dass vieles fantasievolle Ausmalung und die meisten Dialoge reine Erfindung waren, sagte man so nicht. Auch den Sendungen der fünften Staffel stellt Netflix keinen warnenden Hinweis voran. Gerade diese neue Serie scheint aber mehr Szenen denn je zu enthalten, für deren Wahrheitsgehalt es keinerlei Beweise gibt.

Oscar-Preisträgerin Judi Dench springt dem König bei

Zornig hat sich zum Beispiel schon George Carey, der frühere Erzbischof von Canterbury, dagegen verwahrt, dass er zu Königin Elizabeth gesagt haben soll, für die gescheiterten Ehen dreier ihrer Kinder sei elterliches Versagen verantwortlich. Ein solches Gespräch zwischen ihm und der Queen habe es nie gegeben, hat Carey erklärt.

Auch die Oscar-Preisträgerin Judy Dench, die in ihrer Filmkarriere die beiden Königinnen Elizabeth I. und Victoria spielte, kann nicht glauben, dass dem jetzigen König „so grausames Unrecht angetan wird“. In einer Szene, die Dench besonders bitter aufstößt, hält Charles seiner Mutter offenbar vor, wenn die Royals eine „normale Familie“ gewesen wären, wäre sie als nachlässige Mutter „im Gefängnis“ gelandet.

„Dreiste Erfindungen“ wie diese könne man „nicht länger hinnehmen“, findet Dench. Auch der frühere Premierminister John Major äußerte öffentlich laute Kritik an der Darstellung seiner Person in der Serie.

Wird das Königshaus gegen Netflix vorgehen?

Beobachter fragen sich, ob die zunehmenden Proteste gegen das anfangs noch milde belächelte Unterhaltungsprogramm ihren Ursprung vielleicht in wachsender Frustration bei Hofe haben. Leute wie der frühere Erzbischof, Judi Dench oder John Major seien dem König und seiner Familie seit Langem verbunden. „Wehrt sich König Charles III. zu guter Letzt gegen ‚The Crown‘?“, fragte am Wochenende der Londoner „Guardian“ direkt heraus.

Es kursieren Gerüchte, dass das Königshaus rechtliche Schritte einleiten könnte, was freilich wieder andere Gefahren birgt, da Harry und Meghan ihren eigenen 100-Millionen-Dollar-Deal mit Netflix haben. Den Konzern selbst scheint dies wenig zu schrecken. „The Crown“ kann sich – so oder so – eines globalen Publikums sicher sein.