Im Jahr 2009 ist das Kölner Stadtarchiv eingestürzt. Foto: dpa

Zwei Tote und ein Milliardenschaden: Neun Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs sind die Urteile im Strafprozess gefallen. Sie bringen eine Überraschung.

Köln - Einmal Bewährung und drei Mal Freispruch im Strafprozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs: Das Landgericht hat am Freitag einen Bauüberwacher der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die drei anderen Angeklagten - zwei Bauleiter von Baufirmen und eine weitere KVB-Mitarbeiterin - wurden freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte für drei der vier Angeklagten Bewährungsstrafen gefordert. Die Unglücksursache konnte nach Überzeugung des Landgerichts im Prozess geklärt werden.

Der Vorsitzende Richter Michael Greve sagte in der Urteilsbegründung, es stehe „eindeutig und zweifelsfrei“ fest, dass das Archiv wegen eines gravierenden Fehlers beim Bau einer Schlitzwand für eine neue U-Bahn-Haltestelle einstürzte. Demnach hatten Arbeiter 2005 beim Aushub einen Gesteinsblock nicht beseitigt. Dadurch entstand ein Loch in der Wand, durch das am Unglückstag große Mengen Wasser und Sand einbrachen. Dem Archivgebäude sei „förmlich der Boden unter den Füßen“ entzogen worden.

Bei dem Einsturz waren am 3. März 2009 zwei Anwohner ums Leben gekommen

Der verurteilte KVB-Mitarbeiter ist laut Gericht seiner Pflicht zur Bauüberwachung nicht ausreichend nachgekommen. Die beiden freigesprochenen Bauleiter hätten zwar ebenfalls ihre Sorgfaltspflichten verletzt, jedoch sei dies nicht ursächlich für den Einsturz gewesen. Der freigesprochenen Frau sei keine Pflichtverletzung nachzuweisen. Die Staatsanwaltschaft will prüfen, ob sie Revision einlegt.

Bei dem Einsturz waren am 3. März 2009 zwei Anwohner ums Leben gekommen. Unzählige historische Dokumente wurden verschüttet, der Schaden liegt nach Schätzung der Stadt Köln bei 1,2 Milliarden Euro. Der seit Januar laufende Prozess stand unter Zeitdruck, weil im März 2019 die Verjährungsfrist endet.

Oberbürgermeisterin hofft nun auf einen Schadenersatz für die Stadt

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hofft nach dem Ende des Strafprozesses auf Schadenersatz für die Stadt: „Es ist zumindest ein zartes Signal für den Ausgang des Zivilprozesses.“ Der Rechtsberater der Stadt, Werner Langen, sagte, es sei positiv, dass das Gericht „Pfusch am Bau“ als klare Einsturzursache benannt habe. Das Gericht sehe die Verantwortung dafür bei den Baufirmen.

Ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Baufirmen (Arge) sagte dagegen, aus Sicht der Arge sei die Einsturzursache nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Zivilrechtlich werde die Beweiserhebung fortgesetzt. Eine Gerichtssprecherin betonte, dass die Zivilrichter eigenständig und unabhängig vom Ausgang des Strafprozesses entscheiden.