Die Südwest-CDU dringt auf eine schwarz-grüne Koalition, Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist zu Gesprächen bereit. Foto: dpa

Ex-Spitzenkandidat Trittin und Oberrealo Kretschmann sind sich nicht grün. Doch bei einer möglichen gemeinsamen Sondierung mit der Union wollen sie sich zusammenreißen. Die CDU will Trittin aber lieber nicht dabei haben.

Stuttgart/Berlin - Die CDU Baden-Württemberg verstärkt ihr Werben für eine Koalition mit den Grünen. „Ich glaube, dass die Schnittmengen von Schwarz und Grün ausreichend genug sind, um eine stabile Regierung zu bilden“, sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Dienstag in Stuttgart. CDU-Bundesvize und Landeschef Thomas Strobl befürchtet bei einer großen Koalition „Demokratiedefizite“, weil die Opposition stark schrumpfe. Auch er warb für ernsthafte Gespräche mit der Ökopartei. Diese würden durch den Rückzug von Ex-Spitzenkandidat Jürgen Trittin einfacher.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält zwar eine große Koalition für realistischer, bekräftigte aber: „Man muss es ernsthaft diskutieren.“ Es könne sein, dass er selbst an den Sondierungsgesprächen Ende nächster Woche teilnehme. Das hänge von der Aufstellung der Union ab. Ziel einer solchen Koalition müsse sein, die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu zu regeln. „Entscheidend ist, dass wir da ein großes Rad drehen.“

Kretschmann will trotz des Streits mit Trittin einen professionellen Umgang mit ihm pflegen. In dem Fall, dass er an der Sondierung teilnehme, werde er mit Trittin „einigermaßen einheitlich“ hineingehen. „Wir halten uns schon für Profis.“

In den Gesprächen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) muss nach Kretschmanns Überzeugung eine umfassende Reform der Finanzbeziehungen eine große Rolle spielen. Dabei gehe es nicht nur um den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne, sondern etwa auch um die Verteilung von Forschungsmitteln und den Ausgleich zwischen den Krankenkassen. Infrastrukturprojekte müssten künftig nach Bedarf, nicht „nach Himmelsrichtung“ finanziert werden.

Thüringer Fraktionschef Mike Mohring für Schwarz-Grün

Strobl sagte der „Berliner Zeitung“: „Eine große Koalition ist ein riesiger Elefant“. „Es gibt Demokratiedefizite wegen der geschrumpften Opposition und in CDU wie SPD werden sich Zentrifugalkräfte entwickeln.“ Angesichts einer großen Koalitionsmehrheit könne die Zahl der Abweichler zunehmen. Zudem sei zu befürchten, dass eine Art Protestbewegung aus Resten der FDP und der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) entstehe.

Neben Hauk sprach sich auch der Thüringer Fraktionschef Mike Mohring bei einer Sitzung der CDU-Finanzpolitiker der Länder für Schwarz-Grün aus. Anknüpfungspunkte sehe er etwa bei einer nachhaltigen Haushaltspolitik, beim Schutz des ungeborenen Lebens und bei einer Energiewende, die Bürger nicht über Gebühr belastet.

Kretschmann wies erneut den Vorwurf Trittins zurück, das umstrittene Steuererhöhungskonzept der Grünen seisehr eng mit dem Stuttgarter Staatsministerium abgestimmt gewesen. Er habe noch nicht mit Trittin persönlich über den Dissens gesprochen. „Das muss er selber richtig stellen.“ Führende Südwest-Grüne, unter ihnen Kretschmann, sehen in dem Steuerkonzept einen der Gründe für die Schlappe der Partei bei der Bundestagswahl.

Kretschmann räumte nun ein, er trage eine Mitverantwortung für die Niederlage, auch wenn er immer wieder auf die verheerende Wirkung der Steuererhöhungspläne bei der Wirtschaft hingewiesen habe. Er sei aber nicht prinzipiell gegen Steuererhöhungen, etwa bei der Einkommenssteuer, lehne eine Vermögensabgabe aber ebenso ab wie eine Häufung von Steuererhöhungen. Die Enttäuschung der Wirtschaft über die grünen Steuerkonzepte kann nach Meinung Kretschmanns gelindert werden: „Ich bin zuversichtlich, dass wir das, was da verrutscht ist, wieder richtig eingespurt bekommen.“