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SPD-Chef Schmid: Kein Koalitionsvertrag ohne Einigung über das Bahnprojekt Stuttgart 21.

Stuttgart - Stuttgart21 wird zum Stresstest für die neue Landesregierung. Grüne und SPD konnten sich am Donnerstag erneut nicht auf einen Kurs beim Bahnprojekt einigen. CDU und FDP sehen die Belastungsgrenze der Koalitionäre erreicht.

Nach der zweistündigen Koalitionsrunde zu Stuttgart21 konnten die beiden Verhandlungsführer am Donnerstag erneut kein Ergebnis vorweisen. Die Verhandlungen seien "schwierig, weil wir gegensätzliche Positionen haben", erklärte Winfried Kretschmann (Grüne). "Wir werden den Koalitionsvertrag erst abschließen, wenn S21 geklärt ist", betonte Nils Schmid (SPD). Das sei aber kein Ultimatum, ergänzte er.

Am kommenden Mittwoch soll das Streitthema geklärt sein, kündigten Kretschmann und Schmid an. Die SPD ist im Gegensatz zu den Grünen für das Bahnprojekt und fordert einen Volksentscheid. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen zögern die Grünen noch beim Volksentscheid, weil sie für den Fall einer Abstimmungsniederlage Schaden für die eigene Partei befürchten.

Die Opposition sieht SPD und Grüne in Bedrängnis

Kretschmann beteuerte am Donnerstag, es liege ihm fern, einen Volksentscheid vom Ergebnis abhängig zu machen. Allerdings müsse es ein "faires Verfahren" sein. Hintergrund dafür ist die Tatsache, dass laut Landesverfassung 33 Prozent aller Wahlberechtigten mit Ja oder Nein stimmen müssen, damit das Ergebnis der Abstimmung Gesetz wird. Dieses sogenannte Quorum hatte sogar die CDU im Vorjahr auf 25 Prozent senken wollen. Falls der Vorschlag erneut auf den Tisch komme, würden SPD und Grüne "vermutlich zustimmen", sagte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel den Stuttgarter Nachrichten. Dann wäre der Weg frei für eine Änderung der Landesverfassung. Das Aktionsbündnis gegen S21 will eine Volksabstimmung auf Grundlage der jetzigen Landesverfassung ablehnen, kündigte das Bündnis an.

Die Opposition sieht SPD und Grüne wegen S21 in Bedrängnis. Es herrsche "völliges Chaos", kritisierte CDU-Fraktionschef Peter Hauck. Die Koalition haben ihre "Belastungsgrenze" bereits erreicht. Laut FDP scheint sich "die grün-rote Liebesheirat bei S21 eher als Zwangsehe zu entpuppen", so Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. FDP-Landeschefin Birgit Homburger warnte Grüne und SPD vor "Wählerbetrug".

Auch die neu gewählte CDU-Fraktion im Landtag steht vor einer Belastungsprobe: Weil der frühere Finanzminister Willi Stächele (CDU) in den Augen der SPD ein nicht verfassungsgemäßes Gesetz der vorigen Landesregierung zum Kauf der EnBW-Anteile gebilligt habe, sei offen, ob man bei der Wahl Stächeles zum Landtagspräsidenten mit "Ja" stimmen werde, sagte SPD-Fraktionschef Schmiedel.