Vor allem abends und nachts nehmen es die Autofahrer mit dem Parkverbot in der Seelbergstraße nicht so genau. Foto: Peter Mielert (z)

Seit der Umgestaltung 2014 hat die Zahl der Falschparker in der Seelbergstraße drastisch zugenommen. 3224 Köllchen wurden hier im vergangenen Jahr verteilt.

Bad Cannstatt - In k einer anderen Straße Stuttgarts gibt es so viele Parksünder wie in der Seelbergstraße. Vor allem in den Abendstunden und nachts kümmern sich Autofahrer herzlich wenig um das Halteverbot auf der Ostseite der knapp 200 Meter langen Einkaufs- und Geschäftsstraße. „Die Seelbergstraße hat die Tübinger Straße in der Innenstadt als Straße mit den meisten Vergehen abgelöst“, sagt Joachim Elser, Leiter der Verkehrsüberwachung beim Amt für öffentliche Ordnung. Insgesamt 3224 Strafzettel haben seine Mitarbeiter im vergangenen Jahr verteilt. Zum Vergleich: 2015, also kurz nach der Umgestaltung, waren es „nur“ 2000.

Dabei sind die Verbotsschilder nicht zu übersehen. „Doch es ist halt ein genereller Trend, dass das Unrechtsbewusstsein der Verkehrsteilnehmer sinkt“, stellt Joachim Elser fest. Handy am Steuer, Unfallflucht, Überfahren einer roten Ampel, frei nach dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“ würden Autofahrer die Verkehrsregeln nach Gutdünken und für sich interpretieren.

Denn zu übersehen sind sie nicht, die Verkehrsschilder, auf denen angegeben ist, zu welchen Uhrzeiten absolutes und wann eingeschränktes Halteverbot besteht. Doch selbst der drohende Strafzettel juckt keinen Sünder. So auch nicht die Frau, die gestern Mittag zwar ordnungsgemäß den Blinker setzte, aber nur, um anschließend illegal kurz vor dem Kreisverkehr beim Carré zu parken. Anschließend verschwand sie beim Obst- und Gemüsehändler und kam kurz darauf mit einer Wassermelone unterm Arm wieder heraus. Keine Angst vor einem Knöllchen. Warum auch? Der Verstoß gegen das Halteverbot kostet läppische 15 Euro – egal ob eingeschränkt oder absolut.

Kontrollen rund um die Uhr nicht möglich

„Wir können in der Seelbergstraße nicht Tag und Nacht kontrollieren“, so der Leiter der Verkehrsüberwachung, die in Bad Cannstatt in der Neckarvorstadt eine Außenstelle mit 45 Mitarbeitern hat. Mit der Einführung der Anwohnerparkregelung kamen sogar noch einmal zwölf dazu, die nur in den vier Zonen unterwegs sind. „Doch mehr als täglich eineinhalb Stunden Kontrolle in der Seelbergstraße sind nicht drin“, bedauert Elser die Entwicklung in der kleinen Einkaufsstraße, die stark an die Tübinger Straße in der Innenstadt erinnert. Nachdem die Stadt die Einkaufsstraße für sehr viel Geld städtebaulich in einen „Shared Space“ (Mischfläche, auf der Radfahrer, Autos und Passanten gleichberechtigt sind) umgewandelt hatte, hat dort das wilde Parken drastisch zugenommen. Selbst die mehr als 5000 Strafzettel, die jährlich dort verteilt wurden, schreckten keinen ab. Auch ein verstärktes Abschleppen der Falschparker hatte dort keine nachhaltige Wirkung. „Die Wechselfrequenz war viel zu hoch – sie erwischen nicht immer dieselben Parksünder, sondern immer verschiedene“, so Elser. Ähnlich verhalte es sich heute in der Seelbergstraße. Wenn in den Abendstunde Abschleppfahrzeuge Autos an den Haken nehmen, spricht sich das in wenigen Minuten herum und die Falschparker, die sich zumeist in den dortigen Gaststätten aufhalten, fahren ihr Auto weg.

Um gegen die illegalen Parker vorzugehen, hatte das Amt für öffentliche Ordnung dem Bezirksbeirat vorgeschlagen, die Südseite der Seelbergstraße, also der Bereich mit dem verbreiterten Gehweg, als Brandschutzzone auszuweisen. Das Problem: In diesem Fall wäre selbst ein Be- und Entladen nicht mehr möglich, was den Lieferverkehr der dortigen Fachgeschäfte umständlicher machen würde. Denn er müsste auf der gegenüberliegenden Seite erfolgen. Der Vorschlag wurde aus diesem Grund vom Bürgergremium eher ablehnend zur Kenntnis genommen. Doch irgendwann muss sich das Bürgergremium einmal entscheiden. Belässt man den Status quo mit Rücksichtnahme auf den Einzelhandel oder will man eine knallharte Regelung, wo die Autos der Falschparker an den Haken kommen? Eine dritte Möglichkeit könnte ebenfalls nochmals zur Debatte stehen: die Seelbergstraße als Fußgängerzone auszuweisen. Denn dort herrscht generelles Parkverbot, allerdings keine Einschränkungen des Lieferverkehrs.