Niederlandes Premier Mark Rutte (rechts) beim „Elbump“ mit seinem Gesundheitsminister. Foto: imago images/Hollandse Hoogte/ Remko de Waal

Küssen verboten! Der Hit der „Prinzen“ ist aktuell wie nie. Aber wie wahrt man in Zeiten des Coronavirus trotzdem Höflichkeit und Anstand?

Stuttgart - Neulich, vor dem Supermarkt: Treffen sich zwei Freundinnen. Die eine setzt, wie gewohnt, zur Umarmung an. Die andere will nicht zurückzucken, denkt aber bei sich: Ist das denn noch erlaubt? In Zeiten des Coronavirus wird der normale soziale Umgang zum Minenfeld. Man will und soll sich und andere schützen – aber gleichzeitig auch nicht unhöflich sein. Selbst im kussbegeisterten Frankreich verzichtet man inzwischen auf die „bises“ zwischen Freunden.

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Clemens Graf von Hoyos von der Deutschen Knigge-Gesellschaft kennt die besonderen Herausforderungen des sozialen Umgangs in der Corona-Krise: „Wir sollten ruhig, solidarisch und umsichtig reagieren“, erklärt der Businessetikette-Coach. „Ein höflicher Mensch ist ein umsichtiger Mensch.“ Umsicht bedeute in diesen Tagen, möglichst zu vermeiden, dass andere sich anstecken. Das sei ja der Sinn des „Social Distancing“, wie es in Fachkreisen genannt wird.

„Alle wissen ja, worum es geht“

Von Hoyos rät dazu, ruhig zum Thema zu machen, warum man dem anderen nicht die Hand reicht, ihn umarmt oder Küsschen gibt: „Man nennt das Adressaten-gerechte Kommunikation“, sagt der Coach und erklärt: Im Freundeskreis reicht ein lockerer Spruch, im beruflichen Umfeld kann man kurz und korrekt sagen, dass man im Anbetracht der aktuellen Situation lieber auf den Handschlag verzichtet. „Weiter muss man das gar nicht groß erklären, alle wissen ja, worum es geht.“

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Was hält Clemens von Hoyos von den Begrüßungsalternativen wie dem „Elbump“ (Ellbogen aneinanderstoßen) oder dem aus Ländern wie Thailand oder Indien entlehnten „Wai“ oder „Namaste“ (die eigenen Hände aneinander legen)? „Da man überhaupt so wenig Körperkontakt wie möglich haben soll, ist der ‚Elbump’ vermutlich gar nicht so praktikabel. Vor allem, wenn man ja in den Ellenbogen niesen und husten soll“, meint der Knigge-Experte. „Ich finde ‚Namaste’ gut.“

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Außerdem empfiehlt von Hoyos, mehr Mimik einzusetzen und empfiehlt zur Begrüßung ein herzliches Lächeln. „Auch wenn es klingt wie ein Kalenderspruch: Ein Lächeln ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen.“

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Damit ist der Knigge-Experte ganz bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bei einer Pressekonferenz zum Thema Coronavirus sagte: „Dafür eine Sekunde länger in die Augen gucken und lächeln, und nicht schon mit der Hand beim Nächsten sein, ist auch eine gute Möglichkeit.“

Und wenn mich jemand umarmen oder mir die Hand geben will – wie reagiere ich dann, ohne unhöflich zu sein? „Natürlich soll man eine dargebotene Hand nicht abweisen, aber im Anbetracht der Ernsthaftigkeit der Lage, ist diese Höflichkeitsregel außer Kraft gesetzt. Da reicht ein Hinweis und man muss sich auch gar nicht groß rechtfertigen.“