Bisher surfen die User in den S-Bahnen auf eigene Kosten (außer in wenigen Testzügen). Nach und nach werden sie die Dienstleistung geschenkt bekommen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Deutsche Bahn und der Verband Region Stuttgart werden alle S-Bahnen und die Fahrzeuge der Schusterbahn mit WLAN ausstatten. Die Regionalräte sind sich einig, üben aber Kritik an den Konditionen.

Stuttgart - Schon bald sollen S-Bahn-Fahrgäste kostenlos im Internet surfen und ihr Smartphone für andere Dienste von WhatsApp bis Twitter nutzen können: Die Deutsche Bahn und der Verband Region Stuttgart werden alle S-Bahnen und die Fahrzeuge der zwischen Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) nach Stuttgart-Untertürkheim verkehrenden Schusterbahn mit WLAN ausstatten. Darüber ist sich der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung zwar einig, an den bisher ausgehandelten Konditionen mit der Bahn gab es aber vor allem von Seiten der Grünen, SPD und Freien Wählern Kritik. Deshalb stimmte der Ausschuss schließlich nur mit der äußerst knappen Mehrheit von 13 zu elf Stimmen bei fünf Enthaltungen zu.

Der Einbau von Routern und Dachantennen in die Züge soll nach und nach erfolgen und in zwei Jahren abgeschlossen sein. Wie viel der Einbau der Geräte in die insgesamt 158 Fahrzeuge der Baureihen ET 423, ET 430 und ET 426 kosten wird, steht erst nach der Ausschreibung fest. Die Region, die als sogenannter Aufgabenträger für die S-Bahn zuständig ist, reserviert dafür maximal 3,5 Millionen Euro aus ihrem Etat – das ist genau die Höhe der Strafzahlungen, die die Bahn wegen Verspätungen und Zugausfällen bei der S-Bahn in den vergangenen Jahren an die Region bezahlen musste. Sollte die Ausstattung teurer werden, übernimmt die Bahn diese zusätzlichen Kosten. Wird’s billiger, zahlt die Region weniger.

Verbindungsqualität zum Teil eingeschränkt

Die WLAN-Technik ermöglicht es, dass die S-Bahn-Fahrer überall und kostenlos das Netz nutzen können. Heute müssen sie dafür ihren eigenen Mobilfunkdienstleister „anzapfen“ – aber das ist je nach Handytarif mit Kosten verbunden, zudem ist die Verbindungsqualität auf Überlandstrecken mitunter schlecht und auf Tunnelstrecken stark eingeschränkt bis gar nicht möglich. Allerdings ist die Technologie über die WLAN-Router bei schnell fahrenden und voll besetzten Zügen ins Netz zu kommen, nicht ganz einfach zu lösen.

Deshalb waren seit Anfang 2016 zwei S-Bahnen, die auf den Linien S 4 nach Backnang (Rems-Murr-Kreis), S 5 nach Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) und S 6 nach Weil der Stadt (Kreis Böblingen) verkehrten, mit einem WLAN-Router ausgestattet. Seit Anfang diesen Jahres kann in diesen Zügen auch das S-Bahn-Portal aufgerufen wurden, in dem Servicehinweise zum S-Bahnverkehr, aber auch touristische Informationen und Nachrichten mehrerer Zeitungen aufgerufen werden können. Nach Ansicht der Bahn und des Regionalverbands hat sich die Technik weitgehend bewährt, wenngeich Fahrgäste vereinzelt über Verbindungsprobleme klagten.

Einnahmen landen zu 50 Prozent bei der Bahn

Nach dem Vertrag, den der Regionalverband und die Bahn abschließen, ist das Schienenunternehmen für die Beschaffung und den Einbau zuständig. „Die Umrüstung dauert rund acht Stunden pro Fahrzeug“, sagt Dirk Rothenstein, Chef der Stuttgarter S-Bahn. Die WLAN-Technik muss für rund 250 Fahrgäste pro Fahrzeug zur Verfügung stehen, die Router sollen mindestens zwei Mobilfunkdienste gleichzeitig ansteuern können. Außerdem soll die Technik dem Datenschutz genügen und jeweils gegen Cyberangriffe aktualisiert werden.

Für den Betrieb überweist die Region maximal 375 000 Euro pro Jahr an die Bahn, auch die Kosten für den Datenverkehr mit dem Bahnpartner Deutsche Telekom übernimmt die Region. Die Höhe wird auf rund 300 000 Euro geschätzt, eine „abschließende Einschätzung“ sei aber nicht möglich. Die DB Regio wird in den S-Bahnen zudem ein Infotainment-Portal anbieten, auf dem auch Werbung möglich ist.

Die Einnahmen landen zu 50 Prozent bei der Bahn, die andere Hälfte verringert die Betriebskosten. „Das ist nicht besonders lukrativ“, kritisierte Grünen-Regionalrat Michael Lateier. Dagegen betonte Rainer Ganske (CDU): „In der Abwägung ist es uns wichtiger, dass wir dieses Angebot machen können.“ Dem schloss sich schließlich eine knappe Mehrheit an.