Ausländische Pflegekräfte sollen helfen, den Mangel in Deutschland zu beheben. Das funktioniert nur bedingt. Foto: dpa/Kristin Bethge

Krankenhäuser suchen verzweifelt nach Mitarbeitern und setzen verstärkt auf ausländische Kräfte. Patienten und Ausbilder klagen jedoch über teils massive Verständigungsprobleme – und das in einem Bereich, in dem es um Leben und Tod gehen kann.

Das RKH Klinikum wirbt, wie andere Krankenhäuser auch, Menschen aus der ganzen Welt an, auch wenn sie in ihrem Herkunftsland nicht in der Pflege gearbeitet haben. „Die meisten der angehenden Pflegekräfte oder Pflegehelfer sind motiviert“, sagt eine Ausbilderin, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Aber bis auf wenige Ausnahmen verstehen sie die Aufgaben nicht, und wir müssen bei ihren Antworten rätseln.“ Das mache es zunehmend schwer. Und so mancher dürfe eigentlich auch die Prüfung nicht bestehen.

Seit Herbst letzten Jahres ist ein Intensiv-Sprachkurs Pflicht

Die Pflegedirektorin Silvia Hooks räumt ein, die Ausbildung von Leuten aus Drittstaaten ohne Vorkenntnisse in der Sprache habe sich nicht bewährt. Doch sie betont, bei den Prüfungen sei immer jemand vom Regierungspräsidium mit dabei, auch bei einheimischem Pflegenachwuchs. Fachkräfte aus dem Ausland habe man in der Vergangenheit überfordert, indem sie sofort auf Station gekommen seien. Seit Herbst vorigen Jahres müssten sie erst einmal einen vierwöchigen Intensiv-Deutschkurs machen. „Unter B2-Niveau kommt keiner mehr auf Station.“ Zwar gebe es auch heute noch welche, die man intensiv begleiten müsse, das sei aber die letzte Gruppe.

„Wir haben daraus gelernt und müssen die Anforderungen an potenzielle ausländische Mitarbeiter einfach höher setzen, auch wenn wir dann weniger Leute haben“, sagt Kliniken-Geschäftsführer Jörg Martin.

Patienten werden allein gelassen oder sogar beschimpft

Welche Folgen Sprachprobleme für die Patienten haben können, hat uns eine Leserin geschildert, die im Herbst wegen eines Beinbruchs im Krankenhaus lag. „Eine meiner Bitten wurde von einer Pflegerin mit den Worten ‚Habe nicht verstehen’ quittiert. Das war’s dann.“ Ein weiteres Beispiel:„Da ich zum Ablegen meines Beins – beim Hinüberrutschen auf den Toilettenstuhl - den Hocker aus dem Bad brauchte, sagte ich zu einer anderen Pflegerin: ‚Ich brauch’ den Hocker’ - was diese mit bösen Blicken und Schimpfen beantwortete. Offenbar kannte sie das Wort ‚Hocker’ nicht. Ich bat sie, ihre Kollegin zu schicken. ‚Niemand da’, war die Antwort; sie ging weg, und ich lag hilflos da.“

Die Pflege wurde von der Politik kaputt gespart

Das Ganze macht die drastischen Folgen des Fachkräftemangels deutlich. Die Ursache dafür liegt nicht beim Klinikum, sondern bei der Politik, die vor vielen Jahren die Krankenhauskosten gedeckelt hat. Gespart wurde dann beim Personal. Eine Pflegekraft muss sich in der Tagschicht um bis zu zehn, in der Nachtschicht um bis zu 20 Patienten kümmern. Da bleibt für den Einzelnen kaum Zeit.

Die Arbeitsbedingungen, sagt Ralf Kurfiss, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der RKH Gesundheit, sorgten für hohe Fluktuation. „Viele sagen, es ist nicht so sehr das Geld, sondern die schwere Arbeit in Tag- und Nachtschichten – und dass man immer wieder einspringen muss, obwohl man eigentlich frei hat.“ Schichtarbeit lasse sich auch kaum mit einer Familie vereinbaren.

Geringe Bleibequote

Ob ausländische Mitarbeiter die Lösung sind? „Das ist trotz Sprachkursangeboten schwierig, auch die Ausbildung ist nicht so leicht“, meint Kurfiss. Doch die jungen Leute seien willig und strengten sich an. Das heißt aber nicht, dass die Neuen auch bleiben. Die spanischen Pflegefachkräfte, die man vor zehn Jahren angeworben habe, seien wieder gegangen. Vielen hätten das Wetter, die Kultur und fehlende Kontakte zu schaffen gemacht, sagt der Personalvertreter. Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, geht von einer Bleibequote von 20 bis 25 Prozent aus. Es gebe Länder mit besseren Arbeitsbedingungen. Insgesamt sei Personalgewinnung aus dem Ausland in der Pflege kein tragfähiges Konzept, sagt sie.

Laut einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie könnte man mindestens 300 000 Vollzeitstellen in der Pflege besetzen, wenn bereits vorhandene Fachkräfte ihre Arbeitszeit aufstocken oder wieder in ihren Beruf zurückkehren würden, den sie aus Frust aufgegeben haben – optimistisch gerechnet sogar 600 000. Damit könnte man auch dann noch den Fachkräftebedarf decken, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Allerdings müssten sich dafür die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern. Und danach sieht es nicht aus.