Im Katharinenhospital der Stadt kehrt auch weiter keine Ruhe ein. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Schon beim missglückten Geschäf mit Patienten aus Libyen ist das Klinikum der Stadt Stuttgart auf Millionenforderungen sitzen geblieben. Ähnliches passiert den städtischen Krankenhäusern nun auch bei einem Auslandsgeschäft mit Kuwait.

Stuttgart - Die Probleme im Geschäft mit ausländischen Patienten reißen tiefe Löcher in die Bilanz des städtischen Klinikums. Bereits 2014 stieg das Defizit auf 24 Millionen Euro, weil die zuständige International Unit bei der Behandlung von rund 370 kriegsversehrten Libyern auf Forderungen von 9,4 Millionen Euro sitzen geblieben ist.

Doch damit nicht genug. Aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung rechnet man nun noch mit fälligen Nachzahlungen. Das Klinikum hatte die Patienten aus Libyen nicht nur medizinisch versorgt, sondern sich auch um deren Unterbringung und Verpflegung außerhalb des Krankenhauses gekümmert. Für diese erbrachten Leistungen ist offenbar keine Umsatzsteuer abgeführt worden. Im Zuge der Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung wurde der Leiter der International Unit, Andreas Braun, kürzlich bis auf Weiteres freigestellt.

Zusammenarbeit mit dubiosen Vermittlern

Dazu kommt , dass sich auch das Geschäft mit Kuwait, wo das Klinikum die örtlichen Stellen bei der Qualifizierung von Krankenhauspersonal berät und mit einer Handvoll Ärzten und Pflegekräften vor Ort ist, immer mehr als Problemfall erweist. Die kuwaitischen Vertragspartner, sagt Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne), zahlten „nur noch reduziert“. Die Begründung, die deutsche Seite erbringe die Leistungen nicht voll, sei nicht nachvollziehbar.

Inzwischen hat die Stadt zur Klärung der Lage und zur rechtlichen Prüfung der Verträge die Stuttgarter Kanzlei BRP Renaud und Partner eingeschaltet. Deren Vertreter sollen auch mit der kuwaitischen Seite Gespräche führen. Denn bisher geschah dies nie direkt, sondern stets über Vermittler. Das Problem dabei: Die Kuwaitis zahlen zwar nur noch begrenzt, die Vermittler aber pochen auf ihre Verträge und auf die volle Bezahlung ihrer üppig dotierten Dienste.

Der Fehlbetrag steigt um weiter 21,9 Millionen Euro

Für die Reste des Libyen-Geschäfts (1,5 Millionen Euro), vor allem aber wegen des 40 Millionen Euro umfassenden Kuwait-Kontrakts (6,2 Millionen Euro) bildet das Klinikum eine Risikorückstellung von insgesamt 7,7 Millionen Euro für 2015. Dazu kommt, dass die Ausgestaltung vor allem der Unterverträge des Kuwait-Geschäfts etwa aufgrund überhöhter und nicht an konkrete Leistungen gekoppelter Kostensätze offenbar deutsches Recht verletzen.

Durch die Risikorückstellung steigt das Defizit des Klinikums für das vergangene Jahr von 19,9 auf 27,6 Millionen Euro. Davon muss die Stadt 12,5 Millionen Euro tragen, da es dem Klinikum inzwischen an Eigenkapital mangelt. Weil seit den Ermittlungen der Steuerfahndung die bisher mit Vermittlern geschlossenen Verträge als rechtlich fragwürdig gelten, müssen auch das gesamte Handeln der International Unit revidiert und die erwarteten Fallzahlen korrigiert werden. Dadurch dürfte das Defizit 2016 von geplanten acht um 8,9 auf 16,9 Millionen Euro steigen, sich 2017 von erwarteten 5,3 auf 10,6 Millionen Euro verdoppeln. Zusammengerechnet würde für die betreffenden drei Jahre das Defizit von geplanten 33,2 um 21,9 auf 55,1 Millionen Euro wachsen.

Patienten kommen vor allem aus dem arabischen Raum

Werner Wölfle verspricht „eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge“. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU), der von August an für das Klinikum zuständig sein wird, sagte, „mangelnde Transparenz und übertriebene Erlösprognosen“ dürfe es in der International Unit nicht mehr geben. Diese soll aber bestehen bleiben. Die Zahl der Patienten, die vor allem aus arabischen Ländern kommen, solle sich auf etwa 50 pro Monat einpendeln, so Werner Wölfle. Derzeit seien es etwa 40, zeitweise waren es aber auch schon einmal 90 im Monat.

Sorgen bereitet die jüngste Entwicklung dem Vorsitzenden des Personalrats, Jürgen Lux. „Uns tut jede weitere Defiziterhöhung weh. Mit jedem Euro steigt für das Personal der Konsolidierungsdruck.“